Indizierung – Die rechtlichen Grenzen der erotischen Literatur

Erotische Literatur ist seit jeher ein kontroverses Thema, dessen Einfluss auf die Gesellschaft umstritten ist. Von moralischen und ethischen Standards bis hin zu rechtlichen Auswirkungen – die Veröffentlichung und Verbreitung von erotischer Literatur bewegt sich weltweit auf einem schmalen Grat. Verschiedene Länder haben ihre eigenen Gesetze und Vorschriften für die Veröffentlichung und Verbreitung erotischer Literatur.

Ein solches Gesetz ist die Indizierung. Einige Länder nutzen die Indizierung als Mittel, um die Verbreitung von sexuell eindeutigem Material einzuschränken. Aber wo liegen die rechtlichen Grenzen der Indizierung, wenn es um erotische Literatur geht?

In den meisten Ländern ist die Zensur von Literatur generell verboten. Die Gesetze und Vorschriften für die Veröffentlichung von erotischer Literatur sind jedoch von Land zu Land unterschiedlich.

Die Lage in den USA

In den USA gibt es eine Indizierung von Büchern, die dann nicht mehr öffentlich besprochen, beworben oder an Minderjährige weitergegeben werden dürfen. Diese Bücher werden von der American Library Association (ALA) als “challenged books” bezeichnet.

Die ALA definiert ein challenged book als “ein Buch, das von einer Person oder Gruppe wegen seines Inhalts, seiner Sprache oder seiner Darstellungsweise in Frage gestellt wird”.

Nach Angaben der Schriftstellerorganisation PEN America wurden im Jahr 2022 insgesamt 2.571 Bücher aus Bibliotheken öffentlicher Schulen in den USA entfernt. Davon waren 1.109 Bücher entweder mit vorgeschlagenen oder erlassenen Gesetzen oder behördlichen Vorschriften verboten.

Die Gründe für ein Verbot dieser Titel sind vielfältig. In den meisten Fällen handelt es sich um Bücher, die Themen wie Sexualität, Rassismus, Diskriminierung oder Religion ansprechen. Auch Bücher, die sich mit LGBTQ+-Themen befassen, sind häufig Ziel von Verboten.

In den letzten Jahren hat es einen Anstieg der Versuche gegeben, Bücher aus Bibliotheken zu entfernen. Dies ist vor allem auf die zunehmende Polarisierung der Gesellschaft in den USA zurückzuführen. Konservative Elterngruppen und Politiker versuchen, Bücher zu entfernen, die sie als anstößig oder unmoralisch empfinden.

Hier sind einige Beispiele für Bücher, die in den letzten Jahren in den USA verboten wurden:

  • “Gender Queer: A Memoir” von Maia Kobabe: Dieses Buch erzählt die Geschichte der Geschlechtsidentität und sexuellen Orientierung des Autors.
  • “The Hate U Give” von Angie Thomas: Dieser Roman erzählt die Geschichte einer schwarzen Teenagerin, die Zeugin eines Mordes an einem Freund wird.
  • “Stamped: Racism, Antiracism, and You” von Jason Reynolds und Ibram X. Kendi: Dieses Sachbuch untersucht die Geschichte des Rassismus in den USA.

Diese Bücher wurden alle von konservativen Elterngruppen oder Politikern als anstößig oder unmoralisch bezeichnet.

Zensur in Deutschland

In Deutschland ist die Indizierung erotischer Literatur ein Verfahren, das von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPjM) durchgeführt wird. Die BPjM ist eine unabhängige Behörde, die von der Bundesregierung eingerichtet wurde. Die BPjM kann ein Werk indizieren, wenn sie die Meinung vertritt, dass das Werk geeignet ist, Kinder oder Jugendliche sittlich zu gefährden.

Ein indiziertes Werk darf nicht an Minderjährige abgegeben werden. Es darf auch nicht öffentlich ausgestellt oder beworben werden. Wer ein indiziertes Werk an Minderjährige abgibt, kann mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft werden.

Die Zahl der indizierten Werke in Deutschland ist in den letzten Jahren zurückgegangen. 2022 wurden nur noch 15 Werke indiziert. In der Vergangenheit, während der sexuellen Revolution in den 1970er Jahren, gab es über 1.000 Indizierungen pro Jahr. In den 1980er Jahren gab es noch bis zu 100 Indizierungen pro Jahr.

Die Gründe für die Indizierung von Erotikbüchern sind vielfältig. In der Regel werden Werke indiziert, die als jugendgefährdend gelten. Das sind Werke, die ihre Entwicklung zu verantwortungsbewussten und sozial verantwortlichen Personen beeinträchtigen können. So ist zum Beispiel die Verbreitung von Pornografie, die den sexuellen Missbrauch von Kindern darstellt, verboten. Auch Werke, die Gewalt verherrlichen, kriminelle Aktivitäten fördern oder zu anderen unmoralischen Handlungen anregen, können indiziert werden.

In letzter Zeit werden immer mehr Werke wegen ihres rassistischen oder sexistischen Inhalts indiziert. Dies bereitet der literarischen Gemeinschaft zunehmend Sorgen, da es gegen die Meinungsfreiheit der Schriftsteller/innen verstößt.

Die Liste indizierter Titel ist in Deutschland jedoch nicht einsehbar, aus Angst, sie könne als Empfehlungsliste missbraucht werden. Da diese Titel nicht öffentlich beworben werden dürfen, erfahren selbst Antiquare, die diese Bücher in ihrem Online-Katalog gelistet haben, oft erst durch ein Anwaltsschreiben von der Indizierung.

Zensur in der islamisch geprägten Welt

In vielen islamischen Ländern ist die Zensur von Literatur, die sexuelle Inhalte enthält, gesetzlich oder informell vorgeschrieben.

Die Gründe für die Zensur erotischer Literatur in der islamisch geprägten Welt sind vielfältig. In erster Linie ist die Sexualität in vielen islamischen Ländern ein Tabuthema. Sexuelle Inhalte werden oft als anstößig oder unmoralisch empfunden.

Darüber hinaus wird die Zensur erotischer Literatur auch als Mittel zur Kontrolle der Sexualmoral in der Gesellschaft eingesetzt. Die Regierungen in vielen islamischen Ländern versuchen, die Verbreitung von Pornografie und anderen Formen von sexueller Darstellung zu verhindern, um die traditionellen Werte der Gesellschaft zu schützen.

Die Art und Weise, wie erotische Literatur in der islamisch geprägten Welt zensiert wird, ist unterschiedlich. In manchen Ländern gibt es gesetzliche Regelungen, die die Verbreitung von Pornografie verbieten. In anderen Ländern wird die Zensur informell durch Behörden oder religiöse Institutionen durchgeführt.

Hier sind einige Beispiele für die Zensur erotischer Bücher in der islamisch geprägten Welt:

  • In Saudi-Arabien ist die Verbreitung von Pornografie verboten. Wer Pornografie verbreitet, kann mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft werden.
  • In Iran ist die Verbreitung von Pornografie ebenfalls verboten. Wer Pornografie verbreitet, kann mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren bestraft werden.
  • In der Türkei ist die Verbreitung von Pornografie zwar nicht verboten, aber sie wird oft von Behörden oder religiösen Institutionen zensiert.

In einigen islamischen Ländern ist die Zensur erotischer Literatur in den letzten Jahren gelockert worden. So wurde zum Beispiel im Jahr 2022 in Marokko ein Gesetz verabschiedet, das die Verbreitung von Pornografie entkriminalisiert.

Trotzdem ist die Zensur erotischer Literatur in der islamisch geprägten Welt immer noch ein weit verbreitetes Phänomen.

Zensur und Autorenschaft

Erotische Literatur zu schreiben ist eine Kunst, die Sinnlichkeit vermitteln und gleichzeitig Tabuthemen der Gesellschaft erforschen muss. Zensurbestimmungen machen es noch schwieriger, da sie die kreative Freiheit der Autoren einschränken. Die Indizierung bestimmter Themen führt oft zu einer massiven Zensur, und Autor/innen vermeiden es, über diese Themen zu schreiben, aus Angst, dass ihr Werk verboten wird oder sie rechtliche Probleme bekommen. Diese Zensur weckt paradoxerweise das Interesse an solchen Werken, und die Autorinnen und Autoren wollen dies vielleicht zu ihrem Vorteil nutzen, indem sie um solche Tabus herum schreiben.

Auf der anderen Seite empfinden einige Autorinnen und Autoren die Zensur ihrer Werke als Angriff auf ihr Recht auf freie Meinungsäußerung. Sie nutzen vielleicht bewusst Tabuthemen, um Zensurbestimmungen herauszufordern und darauf aufmerksam zu machen, dass die Einschränkung der künstlerischen Freiheit ihre verfassungsmäßigen Rechte verletzt. Dies birgt jedoch ein erhebliches Risiko, da die Verlage vor solchen Titeln zurückschrecken und es dadurch schwierig wird, qualitativ hochwertige Texte zu verbreiten, die sich mit solch umstrittenen Themen befassen.

Wenn Verlage sich weigern, kontroverse Titel zu veröffentlichen, können Autor/innen auf das Self-Publishing zurückgreifen. Mit dem Self-Publishing können Autor/innen die Zensurbestimmungen umgehen und ihre Werke trotz der Beschränkungen der traditionellen Vertriebskanäle veröffentlichen. Allerdings kann die Attraktivität für den breiten Markt aufgrund der geringeren Leserschaft und der fehlenden Garantie für Medienberichterstattung oder professionelles Lektorat begrenzt sein.

Das Schreiben erotischer Literatur ist eine heikle Balance zwischen künstlerischer Freiheit und gesellschaftlicher Regulierung. Autorinnen und Autoren müssen ihre Themen sorgfältig auswählen und sicherstellen, dass ihre Arbeit sowohl kreativ als auch gesellschaftlich angemessen ist. Auch wenn die Zensur den Umfang des Themas einschränken kann, ist es nicht immer notwendig, kontroverse Themen zu vermeiden. Stattdessen können die Autorinnen und Autoren das Thema anders angehen und sich kreativ mit den Fragen auseinandersetzen. Auch wenn die Gefahr besteht, dass Verlage problematische Titel meiden, gibt es inzwischen alternative Methoden wie das Self-Publishing. Auch wenn die Vermarktungsstrategie verbotener Bücher die öffentliche Aufmerksamkeit erhöhen kann, sollten Autorinnen und Autoren sich vor möglichen Konsequenzen hüten und ihrer kreativen Vision treu bleiben. Letztendlich sollte das Schreiben ein authentischer Ausdruck von Kreativität sein, und Autor/innen müssen tun, was sie für richtig halten, unabhängig von äußerem Druck.

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