Sandra Manther: Videoüberwacht

Auf der Hamburger Erotikmesse habe ich einmal einen Mann kennengelernt. Er hatte das Prinzip der Vakuummatratzen weiterentwickelt, wie sie beim Rettungsdienst zum Fixieren Verletzter bei schweren Brüchen verwendet werden. Diese Matratzen bestehen aus einer luftdichten Hülle, die mit Kunststoffkügelchen gefüllt ist. Sobald die Luft per Absaugvorrichtung aus der Matratze herausgesaugt wird, fixiert der Unterdruck die Person auf dem Bett. Ich durfte einmal probeliegen. Es ist schon ein komisches Gefühl, in die Matratze einzusinken und zu merken, dass ich mich plötzlich nicht mehr bewegen kann.

Als ich Monikas Keller mit so einem Bett ausstattete, versuchte ich den Hersteller via Internet zu finden. Sei es, um mehr über die genaue Funktionsweise zu erfahren, sei es, um ihm ein Foto für das Cover abzuschwatzen. Aber entweder hat er seine Geschäftsidee aufgegeben oder er vertreibt sie in anderen Ländern. Jedenfalls blieb meine Suche erfolglos. Nur die Idee blieb und ich beschloss, dem Bett mit meiner neuen Geschichte, “Videoüberwacht“, ein Denkmal zu setzen.

Auch diese Episode funktioniert als Standalone, kann also auch ohne vorherige Lektüre der anderen Bände gelesen werden. Und wieder überschreitet sie mit 45 Manuskript-Seiten und über 10.000 Wörtern deutlich die Länge einer Kurzgeschichte.

Darum geht es:

Monika hat im SM-Studio im Keller ihres Hauses eine Reihe von Micro-Kameras installiert. Denn mittlerweile hat sich die Existenz ihres Spielzimmers herumgesprochen und wird gern auch von anderen genutzt. Da ist es gut, ein wenig den Überblick zu bewahren.

Marion wird von ihren Freundinnen überredet, ihren Trainer Marcel dorthin einzuladen. Aber ist Marcel überhaupt offen für Spiele dieser Art? Die beiden experimentieren ein wenig mit der Kingsize-Vakuummatratze. Während Marcel  bewegungsunfähig fixiert ist, führt Marion ihn an seine Grenzen. Vielleicht auch ein wenig darüber hinaus.

Leseprobe:

Der Duft des frisch zubereiteten Milchkaffees, sonst ein verlässlicher Stimmungsaufheller, konnte mich heute kaum trösten. Ich saß an der Küchentheke und stierte ins Leere, die Kaffeeschale zwischen den Händen.
Schließlich griff ich zum Telefon und rief meine beste Freundin Monika an. Erzählte ihr alles. Sie hörte geduldig zu, ließ den Schwall ungefilterter Emotionen, der aus mir herauskam, über sich ergehen und fing erst an, vorsichtig nachzufragen, als ich mich komplett ausgekotzt hatte.
„Wahrscheinlich ist es für Marcel eine Hürde, mit einer seiner Jiu-JitsuSchülerinnen zu schlafen“, sagte sie.
„Warum hat er mich dann überhaupt gebeten, nach dem Fotoshooting zu bleiben?“ Ich zögerte und fügte hinzu: „Nackt wie ich war.“
„Er wusste doch, wie wichtig dir diese Gurtprüfung ist. Vielleicht war es als Kompliment gemeint. Er findet dich schön. Ist doch verständlich.“
„Er hat nicht einmal einen Versuch gemacht.“
„Du hast gesagt, er macht häufiger solche Shootings?“
„Es ist ein Hobby von ihm.“
„Wenn er sonst nur mit bezahlten Fotomodellen arbeitet, ist es für ihn normal, dass er sie nicht anrührt. Er ist es gewohnt, Abstand zu halten. Auch wenn sein Gegenüber nackt ist und Posen einnimmt, die normalerweise als Einladung zu verstehen sind.“
„Aber ich bin doch kein Modell.“
„Gestern Abend warst du eins.“ Monika wechselte das Thema. „Apropos ‚Posen vor der Kamera‘. Weißt du, wer gerade hier ist?“
„Daniel?“
Ich traute ihrem Ex-Mann so einiges zu. Er hatte noch immer einen Schlüssel für ihr Haus und war in der Vergangenheit schon mehrfach unangekündigt aufgetaucht.
Monika lachte. „Nein, Sarah. Sie hat mich gefragt, ob sie heute Abend meinen Spielekeller nutzen darf.“
„Mit Tobias?“, fragte ich irritiert. Ihr Ehemann war in meinen Augen ein Spießer und ich konnte mir kaum vorstellen, dass Sarah ihn dazu gebracht hatte, mit ihr in Monikas mit Sexspielzeugen aller Art vollgestellten Keller zu gehen.
„Nein, mit Oliver, dem Typ, den wir im Schanzenviertel aufgerissen haben. Erinnerst du dich, wie sehr er von Sarah fasziniert war? Zu sich nach Hause wollte sie ihn nicht einladen. Verständlicherweise. Und da hat sie halt mich gefragt.“
„Sie ist mit Oliver zusammen in deinem Spielzimmer? Da würde ich ja gern Mäuschen spielen.“
„Kein Problem. Sarah hat mich gebeten, ein bisschen aufzupassen. Sie kennt Oliver ja kaum.“
Mir ging ein Licht auf.
„Du musst doch nicht etwa vor der Tür stehen und lauschen?“, fragte ich nach.
„Viel besser. Ich habe im Keller ein paar Mikrokameras installiert. Ich dachte, es kann nichts schaden, für den Notfall ein Filmchen in der Hand zu haben. Nur für den Fall, dass ich jemanden mitbringe, der sich dann doch sonderbarer verhält als erwartet. Dann könnte ich immer noch vor Gericht dokumentieren, dass ich deutlich Nein gesagt habe.“
„Du willst mir doch nicht sagen, du sitzt im Wohnzimmer und guckst Sarah beim Sex zu?“
„Die beiden probieren gerade meine Vakuummatratze aus. Sarah liegt splitterfasernackt und bewegungsunfähig auf dem Bett und lässt sich von ihm mit Kräuterquark einreiben.“
„Kräuterquark?“
„Aus meiner Küche. Er kam extra noch mal rauf, um zu fragen. Mein Honig war alle.“
„Schlagsahne wäre konventioneller.“
„Ja, aber er hatte keine Lust, erst welche zu schlagen. Er wollte schnell wieder runter.“
„Ob es sie stört, wenn ich vorbeikomme?“
„Die beiden sind mit sich selbst beschäftigt. Ich glaube nicht, dass es ihr was ausmacht.“

Wenig später saß ich bei Monika auf dem Sofa, vor uns auf dem niedrigen Tisch der Laptop, auf dem aus sechs Kameraperspektiven das Spielzimmer zu sehen war. Tolle Software. Per Mausklick ließen sich einzelne Fenster vergrößern und nach Belieben zoomen. Eine der Kameras war direkt auf das große Eisenbett gerichtet, eine andere erfasste das Bett von der Seite.

aus Sandra Manther: Videoüberwacht
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