„Kein Sex vor der Ehe“ als Romanthema

Junge Menschen im Umfeld der Kirche stehen oft unter dem Druck, sich den Normen und Erwartungen der Gesellschaft anzupassen. Eine der größten Erwartungen, die an sie gestellt werden, ist, dass sie sich bis zu ihrer Heirat von sexuellen Aktivitäten fernhalten. Als Argument wird oft herangezogen, dass der Ausdruck „Ehebruch“ im biblischen Kontext auch vorehelichen Geschlechtsverkehr einschließe, da dieser ja nicht im Rahmen einer Ehe stattfinde. Diese Erwartung wird durch verschiedene Programme und Kampagnen aufrechterhalten, die den „Kein Sex vor der Ehe“-Gedanken fördern. In diesem Blogbeitrag werden wir uns mit den Vor- und Nachteilen dieser Programme befassen.

Und da wir uns hier in einem Blog für Autoren befinden, gehen wir der Frage nach, wie wir glaubwürdige Handlungsstränge zu diesem Thema entwickeln können. Jeder Roman und jede Erzählung lebt von Konflikten. Und gerade beim Thema „Vorehelicher Geschlechtsverkehr“ sind Konflikte vorprogrammiert, da Christen mit ihren Glaubensmaximen in ständiger Reiberei mit dem Zeitgeist stehen – mit der „gefallenen Welt“. Spätestens, wenn sich einzelne Gemeindeglieder aus ihrer Bubble lösen müssen, zum Beispiel, weil sie anfangen zu studieren und daher von zu Hause wegziehen, treffen sie auf Andersdenkende und deren Wertesystem.

Zunächst wollen wir die Vorteile von „Kein-Sex-vor-der-Ehe“-Programmen diskutieren. Diese Kampagnen werben oft für Enthaltsamkeit als Mittel zur Verhinderung ungeplanter Schwangerschaften und sexuell übertragbarer Infektionen. Durch den Verzicht auf sexuelle Aktivitäten können die Menschen diese potenziellen Risiken ganz vermeiden. Außerdem ermutigen diese Programme die Menschen, sich auf den Aufbau starker emotionaler Beziehungen zu konzentrieren, bevor sie sich auf körperliche Intimität einlassen. Das kann später zu gesünderen und bedeutungsvolleren Beziehungen führen.

Andererseits gibt es auch einige Nachteile dieser Programme. Eines der größten Probleme ist, dass sie Menschen, die sich für sexuelle Aktivitäten außerhalb der Ehe entscheiden, oft beschämen und stigmatisieren. Diese Schuld- und Schamgefühlen können lang anhaltende psychologische Auswirkungen haben. Immer wieder führt dies zu Selbstwertproblemen, Angst und sogar Depressionen. Daher wäre es wichtiger, dass Bildungsprogramme ein gesundes Verständnis von Sexualität vermitteln, das auf Zustimmung, Respekt und Sicherheit basiert, anstatt Scham und Schuldgefühle zu fördern.

Denn die Erfolgsquote der „No-Sex-Before-Marriage“-Programme ist erstaunlich gering. „In einer Studie mit 527 Studenten an der Northern Kentucky University wurden die Studenten gefragt, ob sie sich langfristig an ihr Versprechen halten, bis zur Ehe enthaltsam zu leben. Sechzehn Prozent hatten ein solches Versprechen abgegeben. Und fast 2/3 von ihnen brachen dieses Versprechen“, schreibt Marty Klein in seinem Buch „American’s War on Sex“. (Quelle) Von denjenigen, die tatsächlich „enthaltsam“ geblieben sind, habe mehr als die Hälfte Oralsex gehabt, bezeichne sich dabei jedoch als „zölibatär“, was technisch gesehen zwar irgendwie stimme, aber eben auch nur ein Versuch ist, sich selbst (oder seine Eltern oder seine Gemeinde) zu betrügen. Denn letztlich fällt auch studentischer Oralsex in den allermeisten Fällen unter die Kategorie „vorehelicher Geschlechtsverkehr“.

Im April 2007 ergab eine vom Bund finanzierte Studie von Mathematica Policy Research Inc. über vier Abstinenzprogramme, dass die Teilnehmer/innen genauso viele Sexualpartner/innen hatten wie die Nicht-Teilnehmer/innen und auch im gleichen Durchschnittsalter wie die Nicht-Teilnehmer/innen Sex hatten. (Quelle)

Wenn es darum geht, glaubwürdige Handlungsstränge für diese Zielgruppe zu entwickeln, ist es wichtig, die Vielfalt der Erfahrungen und Perspektiven ebenso zu berücksichtigen, wie den kirchlichen Background. Manche Menschen entscheiden sich dafür, bis zur Ehe auf sexuelle Aktivitäten zu verzichten, andere nicht. Die Entwicklung von Charakteren und Handlungssträngen, die diese unterschiedlichen Perspektiven aufgreifen, kann dazu beitragen, ein gegenseitiges Verständnis zu fördern. Ein Roman, der die unterschiedlichen Perspektiven und die damit verbundenen Emotionen ernst nimmt, wird darüber hinaus mehr Menschen erreichen als eine Schrift, die ganz offensichtlich eine der Perspektiven zur einzig richtigen erklärt.

Einige der Konflikte, die bei der Diskussion über „Kein Sex vor der Ehe“-Programme entstehen können, haben ihre Wurzeln in gesellschaftlichen und kulturellen Erwartungen. In vielen Kulturen, insbesondere in solchen mit starken religiösen Bindungen, wird großer Wert auf sexuelle Reinheit vor der Ehe gelegt. Diese Idee der Reinheit und Keuschheit kann tief verwurzelt sein und sich auf viele Aspekte des Lebens auswirken, einschließlich Bildung, Partnersuche und persönliches Wohlbefinden.

Auf der anderen Seite gibt es auch viele Gesellschaften und Kulturen, die eine liberalere Haltung zur Sexualität haben und in denen vorehelicher Sex als normaler Teil des menschlichen Verhaltens angesehen wird. In diesen Kontexten können „Kein Sex vor der Ehe“-Programme als veraltet, restriktiv und sogar schädlich angesehen werden, da sie Jugendliche häufig nicht ausreichend auf die Realitäten sexueller Beziehungen vorbereiten.

Indem wir diese Konflikte nuanciert und durchdacht aufgreifen, können wir als Geschichtenerzähler/innen die Komplexität dieser Themen und die Auswirkungen, die sie auf Menschen und Beziehungen haben können, beleuchten. Ein integratives und durchdachtes Storytelling, das diese Nuancen erforscht, kann dazu beitragen, die Diskussion zu erweitern und die Auswirkungen dieser Programme auf den Einzelnen und die Gesellschaft als Ganzes zu beleuchten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert