Die Verbindung zwischen kleinbürgerlicher Moral und Scham

In unserer Gesellschaft wird oft stark darauf geachtet, gewisse oberflächliche Moralvorstellungen zu bedienen. Diese Moralvorstellungen haben jedoch die Tendenz, Schamgefühle auszulösen, besonders, wenn wir von der kleinbürgerlichen Kultur geprägt sind. In diesem Blog-Beitrag werden wir untersuchen, wie sich die kleinbürgerlichen Moralvorstellungen auf unseren Schamimpuls auswirken.

Was genau ist eigentlich kleinbürgerliche Moral?

Die kleinbürgerliche Moralvorstellung hat ihren Ursprung in der bürgerlichen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts. Der Begriff wird häufig verwendet, um eine bestimmte Art von moralischen Vorstellungen und Werten zu beschreiben, die typischerweise mit der Mittelklasse oder der unteren Mittelklasse in Verbindung gebracht werden.

Die kleinbürgerliche Moral zeichnet sich oft durch konservative, traditionelle und konventionelle Werte aus. Hierzu gehören beispielsweise eine Betonung der Familie als Kerninstitut der Gesellschaft, eine Vorliebe für Sicherheit und Stabilität, eine gewisse Voreingenommenheit gegenüber Veränderungen und Neuem, sowie eine Betonung von Anstand, Tugend und moralischer Ordnung.

Die kleinbürgerliche Moral kann auch mit einer gewissen Enge oder Engstirnigkeit assoziiert werden, da sie oft eine strenge Einhaltung sozialer Normen und Konventionen erwartet. Individualität und unkonventionelles Verhalten werden möglicherweise weniger geschätzt oder sogar abgelehnt.

Wie beeinflusst kleinbürgerliche Moral Scham?

Eben weil die kleinbürgerliche Moral oft mit konservativen und traditionellen Werten verbunden ist, kann sie bestimmte Verhaltensweisen oder Eigenschaften als moralisch verwerflich oder anstößig betrachten. Wenn eine Person, die von kleinbürgerlicher Moral geprägt ist, von den sozialen Normen abweicht oder als “unmoralisch” angesehen wird, kann dies zu Schamgefühlen führen.

Das Schamgefühl entsteht oft dann, wenn man das Gefühl hat, den Erwartungen anderer nicht gerecht zu werden oder Normen zu verletzen. In einer Gesellschaft, in der kleinbürgerliche Moral vorherrscht, können bestimmte Verhaltensweisen oder Lebensentscheidungen, die als “nicht akzeptabel” gelten, zu Schamgefühlen führen. Zum Beispiel könnten unkonventionelle Lebensstile, nicht-traditionelle Familienstrukturen oder sexuelle Freizügigkeit als moralisch verwerflich angesehen werden und somit Scham hervorrufen.

Viele der Faktoren, die mit der kleinbürgerlichen Moralvorstellung einhergehen, können dazu führen, dass ein Mensch sich schämt. Wenn man z.B. bestimmte Dinge tut oder sagt, die gegen die Moralvorstellung verstoßen, kann es dazu führen, dass man sich schämt. Man schämt sich, weil man das Gefühl hat, dass man gegen die sozialen Normen verstoßen hat und damit auch gegen die Gesellschaft. Diese Schamempfindungen können in der Vergangenheit wurzeln und wirken dann als „innere Stimme“, die einem sagt, dass man sich in bestimmten Situationen schämen sollte.

Scham als Werkzeug zur Bestätigung der kleinbürgerlichen Gesellschaftsordnung

Scham wird uns meist von klein auf eingetrichtert. Wir wissen schon sehr früh, wenn wir Dinge tun, für die wir uns schämen sollten. Die Schere im Kopf sagt uns, lange bevor andere es tun, das bestimmte Verhaltensweisen von unserer Umgebung nicht akzeptiert werden. Scham ist daher ein machtvolles Instrument, um die gesellschaftliche Ordnung zu sichern.

In einer Gesellschaft mit festgelegten sozialen Normen und Hierarchien kann Scham als soziales Kontrollinstrument eingesetzt werden, um die Einhaltung dieser Normen zu fördern. Individuen können durch sozialen Druck dazu gebracht werden, sich in Übereinstimmung mit den vorherrschenden Wertvorstellungen zu verhalten, aus Angst, von der Gesellschaft geächtet oder ausgegrenzt zu werden.

Wenn Frauen aufgrund ihrer Kleidung oder ihres Verhaltens als „nicht anständig“ gelten, führt das oft zu Schamgefühlen. Diese Schamgefühle sollen die Frauen dazu bringen, sich an die vorgeschriebenen Regeln der kleinbürgerlichen Moral zu halten. Diese Art von Scham kann also dazu beitragen, dass die Gesellschaftsordnung aufrecht erhalten wird.

Scham entsteht aber auch, wenn wir das Gefühl haben, den Erwartungen, Normen oder Werten der Gemeinschaft nicht gerecht zu werden. Die ist auch ein Grund dafür, warum viele junge Menschen sich für ihren Körper schämen, statt ihn selbstbewusst und dankbar anzunehmen: der ständige Vergleich mit den normierten Maßen führt zu einer subjektiven Minderwertigkeit – sich zu zeigen geht mit der Angst einher, den gesellschaftlichen Anforderungen an den perfekten Körper nicht zu genügen.

Scham kann auch als Werkzeug verwendet werden, um bestimmte Gruppen zu stigmatisieren oder zu diskriminieren. Indem man ihnen das Gefühl gibt, dass ihre Identität, ihre Lebensweise oder ihre Entscheidungen moralisch falsch oder abweichend sind, können Schamgefühle erzeugt werden, um sie zu kontrollieren oder zu marginalisieren.

Wie kann man sich von der Kleinbürgerlichkeit befreien?

Sich von kleinbürgerlichen Vorstellungen und Wertvorstellungen zu befreien, erfordert ein bewusstes Engagement und einen individuellen Prozess der Reflexion und Veränderung. Hier sind einige mögliche Ansätze, um sich von kleinbürgerlichen Denkweisen zu lösen:

  1. Reflexion und Selbstbewusstsein: Reflektiere über deine eigenen Werte, Normen und Überzeugungen. Frage dich, ob sie wirklich deinen eigenen Überzeugungen entsprechen oder ob sie von sozialen Erwartungen oder Konventionen geprägt sind. Entwickle ein Bewusstsein für deine eigenen Bedürfnisse, Wünsche und Lebensziele.
  2. Bildung und Offenheit: Erweitere deinen Horizont, indem du dich mit verschiedenen Perspektiven, Kulturen und Lebensstilen auseinandersetzt. Lies Bücher, schaue Filme oder Dokumentationen, die neue Ideen und Denkweisen präsentieren. Reise, wenn möglich, um neue Kulturen und Menschen kennenzulernen. Sei offen für neue Erfahrungen und verschiedene Arten des Denkens.
  3. Kritisches Denken: Hinterfrage bestehende Normen und Wertvorstellungen. Analysiere, warum bestimmte Überzeugungen oder Verhaltensweisen als “richtig” oder “falsch” betrachtet werden. Betrachte alternative Perspektiven und prüfe, ob sie besser mit deinen eigenen Werten und Überzeugungen übereinstimmen.
  4. Empathie und Toleranz: Entwickle Empathie für andere Menschen und ihre Lebensweisen. Verstehe, dass Vielfalt und Verschiedenheit normal und bereichernd sind. Sei offen für andere Meinungen und respektiere die Individualität anderer.
  5. Mut zur Individualität: Stehe zu deinen eigenen Überzeugungen und lebe dein Leben authentisch. Lass dich nicht von den Erwartungen anderer einschränken. Sei mutig genug, deine eigenen Entscheidungen zu treffen und deine eigenen Werte zu leben, auch wenn sie von der kleinbürgerlichen Norm abweichen.
  6. Gemeinschaft und Unterstützung: Suche nach Gleichgesinnten, die ähnliche Werte und Ziele haben. Umgebe dich mit Menschen, die dich in deinem Streben nach persönlicher Freiheit und Selbstentfaltung unterstützen. Diskutiere und teile deine Gedanken mit anderen, die dich ermutigen und inspirieren können.

Der Prozess, sich von kleinbürgerlicher Denkweise zu befreien, ist individuell und benöitgt Zeit. Es erfordert Selbstreflexion, Geduld und die Bereitschaft, Veränderungen anzunehmen. In diesem Blog-Beitrag haben wir untersucht, wie die kleinbürgerliche Moralvorstellung Scham auslösen kann und welche Auswirkungen diese auf die Gesellschaft hat.

Wir sollten uns bewusst machen, dass diese Moralvorstellungen nicht die einzige Wahrheit darstellen und oft dazu beitragen, dass Menschen sich für Dinge schämen, die eigentlich normal sein sollten und die Diversität unserer Gesellschaft ausmachen. Wir sollten uns von diesen restriktiven Vorstellungen und damit verbundenen Schamgefühlen lösen und eine selbstbewusste, individuelle Moralvorstellung entwickeln. Nur so können wir ein erfülltes Leben führen, ohne uns zwanghaft an das Gesellschaftsmodell der kleinbürgerlichen Moral zu halten.

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