In den 1960er Jahren stieg der Zugang zu pornografischen Inhalten durch Magazine, Filme und Bücher deutlich an, was zu einer breiten öffentlichen Debatte über die Auswirkungen auf Moral und Gesellschaft führte. Der damalige Präsident Richard Nixon stand unter dem zunehmenden gesellschaftlichen Druck, die Verbreitung von obszönen Materialien und Pornografie einzudämmen, und rief deswegen eine Commission on Obscenity and Pornography ein.
1. Gründe für die Einsetzung der Kommission
Die Kommission wurde vor dem Hintergrund der wachsenden Kulturkämpfe in den USA eingerichtet, die stark von konservativen moralischen Überzeugungen geprägt waren. Es gab mehrere Faktoren, die Nixon zur Einrichtung der Kommission veranlassten:
1.1 Politischer Druck und konservative Bewegungen
Nixon stand unter Druck von konservativen Gruppen, die besorgt über die zunehmende Verfügbarkeit von Pornografie waren und strengere Gesetze zur Regulierung forderten. Religiöse und moralische Organisationen, darunter evangelikale Christen, forderten die Regierung auf, gegen die Verbreitung obszöner Inhalte vorzugehen, die sie als Bedrohung für die amerikanische Gesellschaft und Familienwerte sahen. Nixon wollte diese konservative Wählerschaft zufriedenstellen und seine Position als Verfechter traditioneller Werte festigen.
1.2 Befürchtungen über den Einfluss auf Jugendliche
Ein weiteres zentrales Argument für die Einsetzung der Kommission war die Sorge, dass pornografische Materialien einen negativen Einfluss auf die Jugend haben könnten. Es wurde befürchtet, dass der Zugang zu obszönen Inhalten Jugendliche moralisch korrumpieren und zu antisozialem Verhalten führen könnte. Nixon und seine Unterstützer wollten eine wissenschaftliche Grundlage schaffen, um zu belegen, dass Pornografie schädliche Auswirkungen auf die Gesellschaft, insbesondere auf junge Menschen, hat.
1.3 Gesellschaftlicher Wandel und sexuelle Revolution
In den 1960er Jahren gab es einen gesellschaftlichen Wandel, der unter anderem durch die sexuelle Revolution geprägt war. Traditionelle Moralvorstellungen wurden zunehmend infrage gestellt, und liberale Positionen zur Sexualität gewannen an Boden. Nixon und seine Administration sahen die Kommission als ein Mittel, um die steigende öffentliche Besorgnis über diese Veränderungen aufzugreifen und möglicherweise Maßnahmen gegen die als bedenklich empfundenen Entwicklungen zu ergreifen.
2. Erwartungen und Nixon’s Haltung
Obwohl Nixon die Kommission ins Leben rief, waren seine Erwartungen klar: Er hoffte, dass die Kommission zu dem Schluss kommen würde, dass Pornografie schwerwiegende schädliche Auswirkungen auf die Gesellschaft hat. Nixon und viele seiner Unterstützer gingen davon aus, dass der Bericht zu strengeren Gesetzen und einer stärkeren Durchsetzung von Obszönitätsregeln führen würde.
3. Ergebnisse und Reaktionen
Die Ergebnisse der Kommission, die 1970 veröffentlicht wurden, waren jedoch überraschend liberal. Die Kommission kam zu dem Schluss, dass es keinen Beweis für die schädlichen Auswirkungen von Pornografie auf die Gesellschaft gibt. Vielmehr empfahl sie eine Liberalisierung der Gesetze und eine Entkriminalisierung des Besitzes und Konsums von Pornografie für Erwachsene.
Nixon war mit diesen Ergebnissen zutiefst unzufrieden und wies sie entschieden zurück. Er erklärte öffentlich, dass er den Bericht nicht anerkenne und dass er weiterhin streng gegen die Verbreitung von Pornografie vorgehen würde. Trotz der wissenschaftlichen Untersuchung und der liberalen Schlussfolgerungen der Kommission setzte sich Nixons konservative Agenda durch, und es folgten in den nächsten Jahren härtere rechtliche Maßnahmen gegen obszöne Inhalte.
4. Fortsetzung des Kampfs mit anderen Mitteln: Der Verleger William Hamling
William Hamling war der Gründer von Greenleaf Classics, einem Verlag, der sich auf erotische Literatur spezialisierte. In den 1960er und 1970er Jahren veröffentlichte er zahlreiche Werke, die von vielen als „Schundliteratur“ oder obszön angesehen wurden. Hamling vertrat jedoch die Ansicht, dass erotische Literatur ein legitimer Teil der freien Meinungsäußerung sei und dass staatliche Zensur keine moralische Autorität habe, diese zu unterdrücken.
4.1 Veröffentlichung des Berichts
Nach der Veröffentlichung des Kommissionsberichts im Jahr 1970 entschied sich Hamling, eine kommentierte und satirisch illustrierte Version des Berichts auf den Markt zu bringen. Hamling wollte mit seiner Veröffentlichung bewusst provozieren und die Doppelmoral der Zensur aufzeigen. Die Veröffentlichung seiner Version des Kommissionsberichts führte zu einem bedeutenden rechtlichen Fall, der die Debatte über die Grenzen der Meinungsfreiheit und den Umgang mit Pornografie und Obszönität im öffentlichen Raum prägte. Hamlings Ziel war es, die Ironie aufzuzeigen, dass ein Bericht über Pornografie nicht selbst zensiert wurde, während vergleichbare Inhalte, die in einem anderen Kontext erschienen, kriminalisiert wurden. Die Bilder in dieser Ausgabe waren zum Teil explizit pornografisch, was die Regierung als Herausforderung und bewusste Provokation betrachtete.
4.2 Anklage und Verurteilung
Wegen dieser Veröffentlichung wurde Hamling 1974 wegen Verbreitung obszönen Materials nach Bundesrecht angeklagt, insbesondere aufgrund der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Fall Miller v. California (1973), der die Kriterien für Obszönität verschärfte. Der Fall führte zur Einführung des sogenannten Miller-Tests, der bestimmen soll, ob ein Werk nach den zeitgenössischen Gemeinschaftsstandards obszön ist und keinen ernsthaften literarischen, künstlerischen, politischen oder wissenschaftlichen Wert hat.
Hamling und sein Produktionsleiter wurden verurteilt. Die Strafe lautete auf eine Geldstrafe von $78.000 und vier Jahre Haft für Hamling. Letztlich trat er jedoch die Haftstrafe nicht vollständig an, da sie später auf Bewährung reduziert wurde.
Nixon setzte die Presidential Commission on Obscenity and Pornography vor allem ein, um den gesellschaftlichen Druck von konservativen und religiösen Gruppen zu beantworten und um wissenschaftliche Beweise für eine restriktive Haltung gegenüber Pornografie zu finden. Die Zusammensetzung der Kommission umfasste eine Mischung aus Experten und moralischen Stimmen, doch ihre liberalen Schlussfolgerungen standen im Widerspruch zu Nixons Zielen. Dies führte dazu, dass Nixon die Empfehlungen ablehnte und weiterhin gegen Pornografie kämpfte, was in den folgenden Jahren zur Verschärfung der Obszönitätsgesetze beitrug.