Wir kennen sie alle: Diese Dialoge in erotischen Geschichten, die sich anhören wie aus einem schlechten Film. “Oh ja, das fühlt sich so gut an!” oder “Du bist so schön!” – und wir denken nur: Redet wirklich jemand so?
Die Antwort ist: Nein. Echte Menschen sprechen anders. Und genau deshalb wirken viele Dialoge so hölzern.
Was Dialoge wirklich leisten müssen
Bevor wir uns anschauen, wie wir bessere Gespräche schreiben, lass uns erst mal verstehen, was Dialoge überhaupt tun sollen:
Sie treiben die Geschichte voran Jeder Dialog sollte etwas bewegen. Ein Geständnis, eine Einladung, ein Streit – irgendetwas muss passieren.
Sie geben wichtige Infos weiter Aber bitte nicht wie ein Lexikon. Menschen erzählen Dinge beiläufig, zwischen den Zeilen, manchmal auch unwillig.
Sie zeigen uns, wer da spricht Die Art, wie jemand redet, verrät uns alles: Ist sie schüchtern? Ist er arrogant? Nervös? Selbstbewusst?
Sie zeigen die Beziehung Wie zwei Menschen miteinander sprechen, sagt mehr über ihre Beziehung als lange Beschreibungen.
Warum echte Menschen anders sprechen
Stellt euch vor, ihr steht in einer Bar und versucht, jemanden kennenzulernen. Würdet ihr sagen: “Hallo, ich bin sehr erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen. Ich habe Sie schon von Weitem beobachtet und wollte nun die Gelegenheit ergreifen, um mit Ihnen ins Gespräch zu kommen.”? Wahrscheinlich nicht. Eher etwas wie: “Hey, ich Marc. Ich hab dich schon von Weitem gesehen und dachte, ich komm mal rüber.”
Hier liegt das Problem vieler Anfänger: Wir schreiben Dialoge, als würden Menschen in perfekten Sätzen sprechen. Aber mal ehrlich – wann hast du das letzte Mal einen ganzen Tag in sauberer Prosa geredet?
Menschen sprechen anders:
- Sie brechen Sätze ab
- Sie fangen neu an
- Sie suchen nach Worten
- Sie reden um den heißen Brei herum
- Sie sagen nicht immer, was sie meinen
Gerade in intimen Momenten wird das noch extremer. Wer ist schon eloquent, wenn die Hormone verrückt spielen?
Das Ziel hinter den Worten
Hier kommt der wichtigste Punkt: Jede Person in deinem Dialog will etwas. Immer.
Sie will:
- Jemanden verführen
- Sich schützen
- Kontrolle behalten
- Nähe aufbauen
- Sich rechtfertigen
- Etwas verheimlichen
Dieses Ziel formt, wie sie spricht. Eine unsichere Person redet anders als eine dominante. Jemand, der lügt, anders als jemand, der ehrlich ist.
Emotionen und Unsicherheiten zeigen
In erotischen Geschichten passiert viel im Kopf. Gedanken rasen, Zweifel kommen auf, Wünsche kämpfen mit Ängsten.
Lass deine Figuren das zeigen:
- “Ich… also… wenn du willst?”
- “Warte. Nein, doch. Mach weiter.”
- “Das ist… fuck, das ist gut.”
Menschen denken beim Sprechen. Sie formen ihre Gedanken erst, während sie reden. Das macht Dialoge lebendig.
Praktische Tipps für bessere Dialoge
Lies deine Dialoge laut Wenn es sich komisch anhört, ist es komisch. Echte Gespräche haben einen Rhythmus.
Lass Pausen zu Nicht jeder Satz muss perfekt sein. Manchmal sagt eine Pause mehr als Worte.
Nutze die Körpersprache “Ja”, flüsterte sie. “Ja”, schrie sie. “Ja?”, fragte sie zweifelnd. Drei verschiedene Bedeutungen, ein Wort.
Vergiss die Höflichkeit In intimen Momenten sind Menschen nicht höflich. Sie sind echt.
Menschen sprechen in Fragmenten
Vergiss alles, was du über Grammatik gelernt hast. Zumindest für Dialoge.
Statt: “Ich möchte, dass du mich berührst, weil ich dich begehre.” Besser: “Berühr mich. Bitte. Ich will… ich brauche das.”
Merkst du den Unterschied? Der zweite Dialog zeigt Verlangen, Unsicherheit und Dringlichkeit. Der erste klingt wie ein Antrag beim Amt.
Der Subtext macht den Unterschied
Was Menschen sagen und was sie meinen, sind oft zwei verschiedene Dinge.
“Du siehst müde aus.” (Ich sorge mich um dich.) “Schöne Wohnung.” (Wow, du hast Geld.) “Wir sollten langsam machen.” (Ich habe Angst.)
In erotischen Geschichten ist Subtext dein bester Freund. Menschen reden selten direkt über Sex. Sie umkreisen das Thema, testen Grenzen, senden Signale.
Deine Aufgabe als Autor
Du bist nicht der Übersetzer für deine Figuren. Du bist ihr Mund. Lass sie stammeln, zweifeln, sich korrigieren. Lass sie menschlich sein.
Perfekte Dialoge sind langweilig. Echte Dialoge sind aufregend.
Writing Prompt
Schreib eine Szene, in der zwei Menschen zum ersten Mal allein sind und sich voneinander angezogen fühlen. Einer ist nervös, der andere selbstbewusst. Aber: Sie dürfen das Wort “Sex” oder “attraktiv” nicht benutzen. Alles muss durch ihre Art zu sprechen, ihre Unsicherheiten und ihre Andeutungen klar werden.
Zeitlimit: 15 Minuten. Lass sie stammeln, sich unterbrechen und um Worte ringen. Zeig uns ihre Gefühle durch das, was sie nicht sagen.