Facebook lehnt wiederholt Werbeanzeigen für unsere Bücher ab. Amazon beanstandet bisher problemlos durchgewunkene Buchcover und ahndet sie mit dem Adult-Filter. Tumblr markiert fast sämtliche Beiträge von Sandras NSFW-Blog, mit dem sie auf das Problem des Hazings aufmerksam machte, als unangemessen und will ab Mitte Dezember kräftig aufräumen – selbst harmlose Strandbilder mit Bikinischönheiten werden derzeit zuhauf als unzulässig markiert.
Der konservative Rückschlag hat begonnen. Nicht nur in den Vereinigten Staaten, die von je her unentschlossen zwischen ihrer Vorreiterrolle bei der sexuellen Revolution und einer puritanischen Prüderie hin- und herschwankten, sondern auch in Europa weht ein immer stärkerer konservativer Geist. Das schlägt sich nicht nur bei den Wahlen nieder, sondern macht auch uns Erotikautoren das Leben schwer.
Facebook, von je her sehr pingelig, wenn irgendwo ein Busen aufblitzte – und sei es auf einem gemalten Akt – hat in den letzten Wochen immer wieder komplett abgelehnt, Werbung für unsere Bücher zu schalten: Mal hieß es, es sei zu viel nackte Haut auf den Bildern, mal hieß es, sie wollen keine Pornographie bewerben. Eine Diskussion, ob das, was Sandra und ich machen, tatsächlich Pornografie ist, scheint mir da wenig hilfreich – zumal wir ohnehin nicht weiter als bis zum First Level Support kommen und mit entsprechenden Textbausteinen abgefüttert werden. Und auch die Fotos, die wir auf Facebook posten, sind frei von Nippel oder anderen als erotisch geltenden Körperteilen. Was aber die Werbeabteilung nicht davon abhält, sämtliche Versuche der letzten Wochen, Werbung zu schalten, immer wieder abzulehnen. Das wäre ev. nicht weiter erwähnenswert, hätten wir nicht in den vergangenen Jahren mit diesem Thema nie Schwierigkeiten gehabt.
Dahinter steckt eine Überarbeitung der Gemeinschaftsstandards, die Facebook im Oktober 2018, ohne dies öffentlich zu thematisieren, durchgezogen hat. Darin geht es um den Umgang mit sexuellen Inhalten. Zu den Kategorien verbotener Inhalte zählen kommerzielle Pornographie, explizite sexuelle Sprache und “sexuelle Kontaktaufnahme” wie das Versenden von Nacktbildern. Uns Erotikautoren dürfte es in Zukunft deutlich schwerer fallen, Facebook als Werbeplattform für unsere Bücher zu nutzen. (mehr zum Thema auf Netzpolitik.org)
Tumblr, bis jetzt ein Tummelbecken für Erotika aller Art, ist sogar noch harscher. Sie beanstanden inzwischen sogar Bikini-Fotos und drohen, solche Bilder ab dem 17.12. komplett zu verbannen. Sandra hat ihren kompletten NSFW-Bereich des Blogs inzwischen gelöscht, weil die allermeisten Beiträge von Tumblr als nicht erwünscht gekennzeichnet wurden. Aber selbst unter den Bildern im Sorority-Blog findet Tumblr immer wieder solche Fotos, auf denen ihnen zu viel nackte Haut zu sein scheint und die sie dementsprechend gelöscht haben wollen. Und während bei Facebook alle aktuellen Verschärfungen eher unter der Hand laufen, macht Tumblr aus seiner neuen Politik kein Hehl. In einem ausführlichen Beitrag im Mitarbeiterblog werden die anstehenden Änderungen erläutert. Auslöser war in diesem Fall ein Boykott Tumblrs durch den Apple App Store. Dieser hatte mit dem Hinweis auf Kinderpornographie bei Tumblr deren App aus dem Store entfernt.
Faktisch sollen aber auch alle Akt-Fotos erwachsener Modelle verschwinden. Offensichtlich gelten schon Brustwarzen neuerdings als pornografisch. So heißt es in der Erklärung: “Das Verbot beinhaltet explizite sexuelle Inhalte und Nacktheit mit wenigen Ausnahmen. Zu den verbotenen Inhalten gehören Fotos, Videos und GIFs von menschlichen Genitalien, weiblichen Brustwarzen sowie alle Inhalte, die Sexualakte beinhalten, einschließlich Illustrationen.” (mehr dazu im Tumblr-Mitarbeiterblog)
Selbst Amazon ist verstärkt dabei, Cover, die früher als unbedenklich durchgingen, bei erneuter Sicht als “Adult” zu kennzeichnen – was zur Folge hat, dass die entsprechenden Bücher nicht mehr in den Suchergebnissen gelistet werden. Hier muss die Zeit zeigen, ob lediglich einige Mitarbeiter ihren subjektiven Entscheidungsspielraum vermehrt ausnutzen oder ob auch hier ein firmenpolitischer Trend deutlich wird. Das Problem bei Amazon war ja von je her, dass sie nirgends klar sagen, welche Kriterien den Adult-Filter auslösen. Von daher müssen sie auch nicht rechtfertigen, wenn sie jetzt eine härtere Linie fahren als bisher. (mehr dazu in den ‘Content Guidelines for Books’ auf amazon.com)
Insgesamt scheint mir dies mit der konservativen Stimmung sowohl in Amerika als auch bei uns zu tun zu haben. Überall in Europa gewinnen die reaktionären Kräfte derzeit deutlich an Boden. Von daher ist es nur folgerichtig, wenn sich dieser Trend, nackte Haut zu verteufeln und als pornografisch zu brandmarken, auch in den sozialen Medien widerspiegelt.
Sandra und ich haben schon lange das Gefühl, dass unsere Texte neben dem reinen Unterhaltungswert auch eine politische Dimension haben. Wir glauben, dass Nacktheit eben nichts Verwerfliches ist. Es ist der natürlichste Zustand des Menschen. Uns von unserer Körperlichkeit zu trennen führt zu einer absurden Verleugnung. Wenn wir anfangen, uns für die Existenz unseres Körpers zu schämen und es wieder verwerflich wird, ihn zu zeigen, entfremden wir uns von uns selbst. Denn wir sind eben nicht Geistwesen, gefangen in einem fremden Körper, wie uns gewisse Religionen gern weißmachen wollen. So zu tun, als hätten wir keine körperlichen Bedürfnisse, wird höchstens dazu führen, dass Erotika wieder zur Untergrund-Ware werden, wie dies ja lange der Fall war. Wollen wir das wirklich?