Die ideale Länge für erotische eBooks

Was ist die ideale Länge für erotische eBooks, die wir via Kindle Publishing verkaufen wollen? Ich habe einmal ein wenig recherchiert und mir angesehen, was andere Erotik-Autoren zu dem Thema zu sagen haben.

Warum überhaupt Short Storys veröffentlichen?

Neue Titel halten sich maximal vier Wochen in den Neuerscheinungen, bevor sie aus dem Blickfeld verschwinden. Danach versinken sie in den Tiefen der Kataloge. Allein deswegen schon ist es wichtig, regelmäßig neue Bücher auf den Markt zu werfen. Nur: Wer produziert schon jeden Monat einen neuen Roman? Selbst Georges Simenon, einer der begnadetsten Vielschreiber des 20. Jahrhunderts, hat in der Regel nicht mehr als ein Buch im Monat fertig bekommen. Und musste im Folgemonat auf Anraten seines Arztes regenerieren, so dass sein gewöhnlicher Ausstoß bei 6 Romanen im Jahr lag.

Die logische Konsequenz ist, auf Kurzgeschichten umzusteigen. Selbst langsame Autoren wie wir, die am Tag auf nicht mehr als 300 bis 500 Worte kommen (1 bis 2 Manuskriptseiten), können innerhalb von ein bis zwei Wochen locker eine Story fertigstellen und veröffentlichen. Allerdings ist Erotik das einzige Genre, in dem sich einzelne Kurzgeschichten tatsächlich verkaufen lassen. Schon deswegen schreiben viele Autoren unter einem Pseudonym nebenbei auch Erotik.

Amazon und Kindle Unlimited

Früher gab es noch ein zweites Argument, das für erotische Kurztexte sprach: Das Leihprogramm von Amazon, Kindle Unlimited, war so geregelt, dass Autoren das Geld für ihr Buch schon bekamen, sobald die Ausleiher 10% des Textes gelesen hatten. Bei den meisten Kurzgeschichten reichte es also aus, wenn ein Leser nach Titel und Disclaimer die erste Seite eines Textes ansah, um das Geld für die Story zu bekommen.

Natürlich fanden Romanautoren, die teilweise länger als ein Jahr an ihrem Skript gefeilt hatten, diese Praxis hochgradig ungerecht. Denn als unbekannte Selfpublisher können sie für einen Roman auch nicht mehr als 2, 99 € nehmen. Zumindest, wenn sie ihn verkaufen wollen. Kein Mensch gibt mehr für das Buch eines unbekannten Autoren aus. Also hagelte es Beschwerden. Und regnete Animositäten: Wieso bekommen Leute, die in einer Woche (oder noch kürzerer Zeit) eine Kurzgeschichte fertigstellen, das gleiche Geld wie die Künstler mit hehren Absichten, die jahrelang an ihren Romanen feilen?

Daher gibt es im KU inzwischen eine neue Abrechnungspraxis, die insgesamt deutlich gerechter ist, denjenigen Erotikautoren, die mit KU das schnelle Geld machten, jedoch das Wasser abgräbt: Bezahlt wird nun nach tatsächlich gelesenen Seiten. Um in der Ausleihe mit einem Text das Gleiche zu verdienen wie bei einem Verkauf für 2,99 €, muss der Ausleiher ca. 258 Seiten tatsächlich gelesen haben. (Ein Autor verdient an einem 2,99 €-Verkauf ~1,72 €. Bei der Ausleihe wird nach KENPC-Seiten – Kindle Edition Normalized Page Count – abgerechnet, die etwa so lang sind wie eine halbe Seite eines Buches. Für die KENPC-Normseite gab es im Mai 2016 0,003327 € pro Leser.) Ist der Roman – oder die Kurzgeschichtensammlung länger, macht der Autor mit der Ausleihe sogar Gewinn. Die Zeiten, in denen man mit Kurzgeschichten in der Ausleihe das schnelle Geld machen konnte, sind jedoch vorbei.

Aber seien wir ehrlich: Zumindest im Verkauf rechnen sich einzeln veröffentlichte Kurzgeschichten nach wie vor. Habe ich die Wahl, für die 2,99 €, die ich mit einem Text verdienen kann, entweder einen Roman oder eine Short Story einzustellen, macht es aus ökonomischer Sicht keinen Sinn, mich mit der Produktion mehrerer hundert Seiten für ein eBook zu beschäftigen. Zumal, wenn ich noch keine gesicherte Fan-Base habe, die mir mein Buch abkauft.
Für den Verleih hingegen ist es geschickter, mit Bundles zu arbeiten, die die Leser dazu verleiten, gleich mehrere Geschichten hintereinander zu lesen. Denn eine einzelne Story bringt so gut wie kein Geld mehr.

Mindestlänge und die Empfehlungen verschiedener Autoren

Durch das Netz geistern verschiedene Geschichten von Autoren, die versucht haben, Short Storys mit einer Länge von unter 2500 Zeichen als eBook auf Amazon zu verkaufen. Diese sind von Amazon angeschrieben worden, ihre Texte würden nicht den qualitativen Anforderungen genügen. Sie sollten entweder die Storys länger machen oder aber die entsprechenden Texte vom Markt nehmen.

Dementsprechend empfiehlt die Erotikautorin Jade K. Scott in „The Six-Figure Erotica Autor“ als ideale Länge für erotische Kurzgeschichten 3000-5000 Wörter. Das liegt nur wenig oberhalb der Amazon-Mindestlänge. Scotts Absicht ist offensichtlich: Je mehr Texte ich auf dem Markt habe, desto größer ist – zumindest rein rechnerisch – der Gewinn. Und als Autor, der vom Schreiben leben will, ist es nun einmal notwendig, möglichst schnell einen großen Pool an Büchern lieferbar zu haben. Folglich macht es keinen Sinn, länger als unbedingt nötig an einem Text zu sitzen. In der Zeit, die ich mit einem 10.000 Wörter-Skript zubringe, so Scott, kann ich drei Short Storys à 3.000 Wörter produzieren. Ihr wichtigstes Argument dabei: Leser, die Erotika kaufen, sind bereit, für die zehn Manuskriptseiten, die die 3000 Wörter füllen, den Preis von 2,99 € zu zahlen.

Ich will dabei nicht unerwähnt lassen, dass „The Six-Figure Erotica Autor“ im Blick auf den amerikanischen Markt geschrieben ist und dieser teilweise anders funktioniert als Amazon.de. Insgesamt jedoch ist Jade K. Scotts Ratgeber profund und lesenswert.

Preis-Leistungsverhältnis

Marc und ich stehen mit unseren Veröffentlichungen ja noch am Anfang. Im Augenblick machen wir es so, dass wir jede unserer Short Storys mit einer Länge von 3.000-4.000 Wörtern für einen Zeitraum von vier Wochen für 0,99 € anbieten. Danach gehen wir auf die 2,99 €. Unsere Erfahrung zeigt, dass die Leser auf die höheren Preise zumindest deutlich verhalten reagieren. Ob dies sich ändern würde, sobald wir mit längeren Texten experimentieren? Das muss sich zeigen.

Die oben zitierte Jade K. Scott hat etwa 10 Storys im Niedrigpreissegment für 0.99 € im Angebot und verkauft den Rest für 2,99 €. Bundles kosten bei ihr 3,99 €. Zwar verkaufen einige Erotik-Autoren diese Bundles auch für teureres Geld, jedoch will Jade, so sagt sie, diese Sammlungen absolut unwiderstehlich machen.

Was die Preise angeht, sind sich die Erotik-Short-Autoren ziemlich einig. Was die Länge der Texte angeht, sieht es schon anders aus. So arbeitet Amy Cooper (Publishing Erotica: How to Make Your First $1,000) mit einer Länge von 5.000 – 12.000 Wörtern, ohne dafür einen anderen Grund als ihre Erfahrung zu nennen. Und mit dem gleichen Verve verficht Emily Baker (The Erotica Handbook: How to Write Erotica) die Länge von 7500 Wörtern als ideal.

Fakt ist, Amazon bietet für Bücher ab 2,99 Euro eine höhere Gewinnmarge als für 0,99 Euro-eBooks. Deshalb müssen wir nicht nur drei, sondern sieben Bücher à 0,99 € verkaufen, um den gleichen Gewinn zu machen wie für ein Buch à 2,99 €. Es lohnt also nicht, den Niedrigstpreis zu nehmen. Wenn eine Leseprobe etwas taugt, sind die Leser – da sind sich alle Autoren einig – auch bereit, den etwas höheren Preis zu zahlen, egal ob für 3.000, 5.000 oder 7.500 Wörter.

Resümee

Marc und ich finden das Argument von Jade K. Scott einleuchtend: Mit kürzeren Texten lässt sich schneller experimentieren. Bevor wir uns an einer 12.000 Wörter-Geschichte abarbeiten, produzieren wir lieber drei kurze Texte à 3.500 Wörtern und schauen, wie der Markt darauf reagiert. Ich bin sicher, mit der Zeit wird das Schreiben routinierter, so dass auch längere Texte nicht mehr so unglaublich lange brauchen, bis sie das Licht der Welt erblicken. Wir gehören derzeit zu den wirklich langsamen Autoren, die froh sind, wenn sie an einem produktiven Tag (nach der Arbeit in der Agentur oder der Firma) noch 300 Wörter zu Papier bringen. Und dann steht ja erst der „First draft“. Von dem bis zum fertigen Buch dauert es auch noch einmal eine Weile.

Aber das kennen wir aus unseren Brotberufen: Aller Anfang ist schwer. Mit der Routine werden sicher auch die Texte länger, so dass wir mit verschiedenen Längen experimentieren können.
Bis dahin glauben wir einfach den Autoren, die schon länger auf dem Markt sind. Von denen hat jeder seine bevorzugte Textlänge – und wie es aussieht, hängt diese eher von den Präferenzen der Autoren ab, und nicht vom Lesepublikum.

Vielleicht reicht es ja schon, einmal die Perspektive zu wechseln: Wenn ich ein neues Buch in meinem Subgenre gefunden habe, ist es mir relativ egal, ob es 10 oder 20 Seiten umfasst, solange es gut geschrieben ist. Natürlich freue ich mich über längere Texte, gebe das Geld aber auch aus, wenn ich dafür nicht so viel bekomme. Letztlich überzeugen mich Thema und Leseprobe, nicht die Längenangabe.

Sandra MantherViel Erfolg,
Eure Sandra

Ein Gedanke zu „Die ideale Länge für erotische eBooks“

  1. Der Text ist sehr informativ, da es die erste Aussage über die Länge von Erotik-Geschichten ist, die ich gefunden habe.

    Ich selbst finde es ziemlich kurz, wenn ein Buch nur 10 – 20 Seiten enthält und würde dafür keinesfalls 2,99 € ausgeben. Daher wird die Erotikgeschichte, die ich gerade selber schreibe, länger. Bisher hat sie 23 Seiten (~6000 Worte) und ist ca. bei der Hälfte. Ich habe 40 – 60 Seiten angestrebt, wobei es auch keine reiner ‘Porno’ ist, sondern auch minimal so etwas wie eine Story besitzt.

    Vielleicht wird dann die Nächste kürzer 😉 Mal schauen.

    Besten Dank auf jeden Fall für diese informative Zusammenstellung von Längen.

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