Benching: Wenn Online-Dating zur Warteschleife wird

Was bedeutet Benching?

Im digitalen Dating-Dschungel hat sich in den letzten Jahren eine ganze Vokabelwelt entwickelt: Ghosting, Breadcrumbing, Orbiting. Benching ist ein besonders perfides Muster. Es bedeutet, dass jemand dich zwar interessant findet, aber nicht genug, um eine verbindliche Beziehung oder regelmäßige Treffen einzugehen. Stattdessen wirst du auf die sprichwörtliche „Bank“ gesetzt – wie eine Ersatzspielerin im Sport. Die Person meldet sich ab und zu, flirtet sporadisch, hält den Kontakt so gerade am Leben, ohne wirkliches Engagement.

Ein Beispiel:
Stell dir vor, eine Studentin schreibt seit Wochen mit einem Typen über Tinder. Er schickt charmante Nachrichten, reagiert manchmal verspätet, macht vage Andeutungen über ein Treffen – doch sobald sie konkret fragt, sagt er ab, weil „gerade so viel los ist“. Dann vergehen Tage der Funkstille, bis er wieder auftaucht, als wäre nichts gewesen. Sie fühlt sich begehrt, aber auch hingehalten. Genau das ist Benching: ein warmer Wartestand, nie ganz abserviert, nie wirklich erwünscht.


Benching in erotischen Texten

In Short Stories oder Romanen lässt sich Benching dramaturgisch nutzen, um Spannung und Ambivalenz zu erzeugen. Erotische Literatur lebt von Sehnsucht, Zurückweisung und dem Spiel mit Nähe und Distanz.

Beispiel 1: Sie wird gebencht
Das Handy liegt neben mir auf dem Kissen. Ich starre auf das schwarze Display, so als könnte mein Blick eine Nachricht erzwingen. Seit drei Tagen nur ein „Hey, wie geht’s?“ von ihm – und ein Herzchen unter einem alten Foto von mir im Bikini. Kein Treffen, keine konkrete Einladung.

Meine Finger wandern über meinen Bauch, während ich mir vorstelle, wie er jetzt wohl in seinem Zimmer sitzt, das Handy in der Hand, absichtlich nichts tippend. Ich ziehe die Decke zur Seite, spüre die Kühle auf meinen Oberschenkeln. In mir mischen sich Wut und Verlangen.

Ich tippe eine Nachricht: „Willst du mich sehen?“ – lösche sie sofort wieder. Stattdessen lege ich die Hand zwischen meine Beine. Mein Körper reagiert, obwohl mein Kopf weiß, dass er mich hinhält. Jeder Atemzug wird schwerer, während ich an das nächste kleine Lebenszeichen denke, das er mir sicher wieder erst geben wird, wenn ich kurz davor bin, ihn zu vergessen.

Beispiel 2: Sie bencht ihn
Seine Nachricht blinkt auf: „Kommst du vorbei?“
Ich lächle, tippe eine Antwort, lösche sie wieder. Stattdessen schicke ich nur ein Selfie: mein nacktes Schlüsselbein, ein Hauch Spitzen-BH, nicht mehr.

Das Telefon vibriert sofort. „Du machst mich wahnsinnig.“
Ich lege es neben mich, greife nach dem Glas Wein, ziehe langsam die Strümpfe von meinen Beinen. Der Stoff klebt noch leicht an meiner Haut, während ich mich zurücklehne. Ich weiß, dass er wieder starren wird auf den Bildschirm, wartend.

Er hat keine Ahnung, ob ich gleich antworte oder erst morgen. Und genau das ist der Punkt: Er sitzt auf meiner Bank.

Solche Szenen zeigen, wie stark sich Benching literarisch nutzen lässt – als erotisches Spannungsfeld, das zwischen Lust und Frustration oszilliert und Figuren in eine aufgeladene Warteschleife versetzt.


Feministische Perspektive

Aus feministischer Sicht ist Benching mehr als ein nerviges Dating-Phänomen. Es verweist auf Machtasymmetrien. Wer bencht, hält den anderen im Unklaren, instrumentalisiert Aufmerksamkeit und Zuneigung, ohne Verantwortung zu übernehmen. Besonders für Frauen bedeutet das oft, dass ihre Gefühle als „Reserveoption“ behandelt werden – ein Muster, das patriarchale Vorstellungen von Verfügbarkeit und Austauschbarkeit fortschreibt.

Gleichzeitig können feministische Texte Benching auch umkehren: Eine Protagonistin, die bewusst Männer „auf die Bank“ setzt, spiegelt das Muster zurück und entlarvt es als Spiel. In erotischer Literatur kann dieses Moment zum Akt der Selbstermächtigung werden – nicht mehr Opfer des Hinhaltens, sondern Akteurin der eigenen Lust.


Psychologische Implikationen

Psychologisch erzeugt Benching eine Mischung aus Hoffnung und Unsicherheit. Menschen reagieren stark auf intermittierende Belohnung – kleine Zeichen der Zuneigung, die unregelmäßig kommen, wirken süchtig machend. Genau dieses Muster treibt viele in Dating-Apps dazu, immer wieder auf die nächste Nachricht zu warten.

Für Betroffene bedeutet Benching: Selbstwertzweifel, Frustration, ein Gefühl von Unvollständigkeit. Erotische Texte, die dieses Spannungsfeld aufgreifen, können authentisch zeigen, wie sehr Begehren mit Unsicherheit, Warten und Projektion verwoben ist. Gleichzeitig eröffnen sie die Möglichkeit, Figuren wachsen zu lassen – indem sie den Mechanismus erkennen, Grenzen setzen und ihr Begehren in andere Bahnen lenken.

Benching ist mehr als ein Schlagwort der Datingkultur. Es beschreibt ein Machtspiel, das intime Unsicherheiten aufdeckt und im literarischen Erzählen als spannungsvolles Werkzeug dienen kann. Für Autor*innen eröffnet es die Möglichkeit, Begehren, Frustration und Selbstermächtigung in ihrer ganzen Widersprüchlichkeit zu zeigen. Aus feministischer Sicht wird sichtbar, wie solche Praktiken patriarchale Muster fortschreiben – aber auch, wie Figuren sie durchbrechen und neu definieren können. Damit wird Benching nicht nur ein Spiegel des digitalen Liebeslebens, sondern auch ein starkes dramaturgisches Mittel erotischer Literatur.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert