10 Tage Closeup-Training für Autor*innen

Hier kommt ein 10-Tage-Trainingsprogramm speziell für Autor*innen, die lernen wollen, präzise, voyeuristische und dennoch literarisch anspruchsvolle Closeup-Beschreibungen zu verfassen.
Jede Tagesaufgabe baut auf der vorherigen auf und dauert ca. 20–30 Minuten.

Tag 1 – Einzelteil-Studie: Hände oder Füße

Ziel: Lernen, ein Körperteil so präzise zu beschreiben, dass es wiedererkennbar wäre.
Aufgabe:

  • Wähle eine Hand oder einen Fuß (deinen eigenen oder ein Foto).
  • Beschreibe mindestens fünf spezifische Merkmale: Form, Proportion, Farbe, Hautstruktur, Haltung.
    Tipp: Benutze konkrete Vergleiche statt generischer Adjektive.

Tag 2 – Detailkette

Ziel: Den Blick in kleine Schritte zerlegen.
Aufgabe:

  • Wähle ein Foto eines ganzen Körpers.
  • Beschreibe von den Füßen bis zu den Knien, ohne einen Teil auszulassen.
  • Jeder Satz muss einen neuen visuellen Eindruck bringen.
    Tipp: Die Übergänge sollen fließend wirken – vermeide Sprünge.

Tag 3 – Sensorische Ebene

Ziel: Mehr als nur sehen – fühlen, riechen, hören, schmecken.
Aufgabe:

  • Nimm deinen Text von Tag 2 und füge bei jedem Körperabschnitt mindestens ein sensorisches Detail hinzu.
  • Beispiel: „Die Haut war kühl wie Porzellan, doch unter dem Druck der Finger begann sie sich zu erwärmen.“

Tag 4 – Fokus halten

Ziel: Den Blick festnageln, statt zu flüchten.
Aufgabe:

  • Wähle ein Detail (z. B. Mund, Schlüsselbein, Schambehaarung).
  • Schreibe fünf Sätze nur darüber – ohne weiterzuwandern.
    Tipp: Übe, im Bild zu bleiben, auch wenn es ungewohnt ist.

Tag 5 – Tabuzonen benennen

Ziel: Anatomische Präzision ohne Vulgarität.
Aufgabe:

  • Beschreibe Vulva, Penis oder Brust anatomisch korrekt.
  • Nutze neutrale, sachliche Sprache.
  • Übe, ohne wertende Adjektive („schön“, „heiß“) auszukommen.
    Tipp: Betrachte medizinische Illustrationen zur Inspiration für neutrale Begriffe.

Tag 6 – Aufwärtsfahrt

Ziel: Den Blick von unten nach oben führen.
Aufgabe:

  • Schreibe eine Szene, in der der Blick von den Füßen über den ganzen Körper bis ins Gesicht wandert.
  • Jede Station muss ein eigenes Bild bekommen.
    Tipp: Baue eine kurze Spannungskurve ein – mehr Offenheit oder Intimität, je weiter der Blick wandert.

Tag 7 – Bewegung im Closeup

Ziel: Zeigen, wie sich Details verändern, wenn sich der Körper bewegt.
Aufgabe:

  • Beschreibe ein Closeup, während die Figur sich dreht, streckt, den Kopf neigt oder den Fuß anhebt.
  • Beobachte, wie sich Muskeln, Hautspannung und Licht verändern.

Tag 8 – Voyeuristische Perspektive

Ziel: Den Blick einer Figur einnehmen, die bewusst schaut.
Aufgabe:

  • Schreibe ein Closeup aus Sicht eines heimlichen Beobachters oder einer Beobachterin.
  • Konzentriere dich auf den Wechsel zwischen Blick und innerer Reaktion.
    Tipp: Lass Spannung entstehen, indem du beschreibst, was der Blick sucht – und was er vielleicht nicht finden darf.

Tag 9 – Closeup mit Emotion

Ziel: Beschreibung und Psychologie verbinden.
Aufgabe:

  • Wähle eine Figur, die den Körper eines anderen betrachtet.
  • Beschreibe nicht nur, was sie sieht, sondern auch, wie es sie innerlich verändert (Erregung, Scham, Überraschung, Zuneigung).

Tag 10 – Literarisches Closeup

Ziel: Alles zusammenführen.
Aufgabe:

  • Schreibe eine komplette Closeup-Szene: Beginn an den Füßen, Ende am Gesicht.
  • Baue Sensorik, Bewegung, Voyeurismus und Emotion ein.
  • Maximal 300 Wörter – damit der Text verdichtet bleibt.

Profi-Tipp:
Nach jedem Tag solltest du deine Übung laut vorlesen. Dabei merkst du sofort, wo der Text stockt oder zu abstrakt ist.

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