Die meisten Sororities (Schwesternschaften) in den USA dürfen keine Partys in ihren eigenen Räumlichkeiten abhalten. Da das Feiern aber zum Studentendasein dazu gehört, werden die Partys in die Häusern der Fraternities (Bruderschaften) oder in Clubs verlegt, für die diese Regel nicht gilt.
Das Partyverbot des NPC
Das Partyverbot in den eigenen Räumen geht auf Regeln der National Panhellenic Conference (NPC) zurück, der viele Sororities in den USA angehören. Es stammt aus dem Jahr 1987. In diesem Jahr wurde diese Regel erlassen, die den Konsum von Alkohol in Sorority-Häusern verbietet, wenn Mitglieder unter 21 Jahren anwesend sind. Diese Regelung hatte zum Ziel, die Sicherheit der Mitglieder zu erhöhen und rechtliche Probleme im Zusammenhang mit Alkoholmissbrauch zu vermeiden.
Unabhängige Schwesternschaften
Unabhängige Schwesternschaften, die nicht dem Panhellenic-System angehören, haben hier oft mehr Freiräume. Hier sind einige Beispiele für solche unabhängigen oder lokalen Schwesternschaften:
Multicultural Sororities: Diese Schwesternschaften sind oft Teil des National Multicultural Greek Council (NMGC) oder anderer ethnisch spezifischer Räte. Sie haben oft ihre eigenen Regeln und können daher mehr Freiheiten in Bezug auf Partys und Veranstaltungen haben.
Nicht-NPC Sororities: Es gibt Schwesternschaften, die nicht Mitglied der NPC sind und daher nicht an deren Regeln gebunden sind. Diese Schwesternschaften können ihre eigenen Richtlinien festlegen, die es ihnen ermöglichen, Partys in ihren eigenen Häusern zu veranstalten.
Lokale Sororities: Lokale Schwesternschaften, die nur an einer bestimmten Universität existieren und nicht Teil eines nationalen Netzwerks sind, haben oft die Freiheit, ihre eigenen Regeln zu gestalten und können daher Partys in ihren eigenen Räumlichkeiten abhalten.
Red Zone
Dass Sororities zum Feiern auf die Räumlichkeiten der Fraternities angewiesen sind, erhöht das Risiko sexueller Übergriffe, einschließlich Vergewaltigungen, insbesondere in der “Red Zone” – den ersten sechs bis acht Wochen des akademischen Jahres. Einige Studien legen nahe, dass der Großteil der sexuellen Übergriffe auf dem Campus zwischen Bekannten stattfindet und dass Alkoholkonsum ein wesentlicher Faktor dabei sei. Da Partys Orte sind, an denen in ausgelassener Stimmung Mengen an Alkohol konsumiert wird und wo Schüler soziale Interaktionen haben, können sie potenziell riskantere Umgebungen für sexuelle Übergriffe darstellen.
Abbau der Hemmschwelle
Die Hemmschwelle zu Sexualkontakten kann bei Fraternity-Parties aus mehreren Gründen sinken, und Alkohol spielt dabei eine zentrale Rolle. Hier sind einige Faktoren, die dazu beitragen können:
Alkoholkonsum: Alkohol senkt die Hemmschwelle und beeinträchtigt das Urteilsvermögen, was zu riskanterem Verhalten führen kann. Auf Fraternity-Parties wird oft viel Alkohol konsumiert, was zu einer Atmosphäre führt, in der sexuelle Kontakte häufiger und ungehemmter stattfinden können.
Gruppendynamik: In der Umgebung einer Party, besonders in einem Fraternity-Haus, kann der Gruppenzwang einen starken Einfluss haben. Studenten können sich gedrängt fühlen, sich anzupassen und mitzumachen, was das Risiko für ungewollte oder unangemessene sexuelle Kontakte erhöht.
Machtstrukturen: Fraternities haben oft eine dominante Rolle in der sozialen Hierarchie des Campuslebens. Diese Machtstrukturen können dazu führen, dass sich Sorority-Mitglieder oder andere Partygäste unter Druck gesetzt fühlen, den Erwartungen zu entsprechen.
Bewusster Einsatz von Alkohol
Es gibt Hinweise darauf, dass Alkohol bewusst eingesetzt wird, um Hemmungen abzubauen:
Strategisches Bereitstellen von Alkohol: Fraternities können Alkohol in großen Mengen und oft kostenlos bereitstellen, um eine lockere und enthemmte Atmosphäre zu schaffen. Dies kann bewusst oder unbewusst dazu genutzt werden, die Hemmschwelle zu senken und sexuelle Kontakte zu fördern.
Kulturelle Normen: In vielen Fraternities und auch Sororities gibt es unausgesprochene Regeln und Erwartungen, die den Konsum von Alkohol und damit verbundenes Verhalten unterstützen. Dies kann dazu führen, dass sowohl Brüder als auch Schwestern Alkohol als Mittel zum Zweck nutzen, um soziale und sexuelle Ziele zu erreichen.
Auswirkungen des Partyverbots in Sororities
Das Alkoholverbot in Sororities kann indirekt die Gefahr von sexuellen Übergriffen erhöhen:
Verlagerung der Partys: Da Sororities keine Partys mit Alkohol in ihren eigenen Häusern veranstalten dürfen, werden die Mitglieder gezwungen, zu Fraternity-Parties zu gehen, wo die Kontrolle und der Einfluss der Sorority geringer sind.
Mangel an sicherem Raum: Sororities haben weniger Kontrolle über die Umgebung und die Sicherheit ihrer Mitglieder auf Fraternity-Parties im Vergleich zu Veranstaltungen, die sie selbst organisieren könnten.
Erhöhtes Risiko: Die Kombination aus einem kontrollierten Umfeld und hohem Alkoholkonsum auf Fraternity-Parties kann das Risiko für sexuelle Übergriffe erhöhen, insbesondere während der “Red Zone”, den ersten Wochen des akademischen Jahres, in denen neue Studenten besonders anfällig sind.
Ist das Verbot heute noch zeitgemäß?
Die Frage, ob das Verbot heute noch zeitgemäß ist, ist komplex und hängt von verschiedenen Faktoren ab:
Argumente für das Verbot
Rechtliche Aspekte: Das Verbot hilft, rechtliche Probleme im Zusammenhang mit dem Konsum von Alkohol durch minderjährige Mitglieder zu vermeiden. Dies schützt die Organisationen vor möglichen Haftungsansprüchen und rechtlichen Konsequenzen.
Sicherheitsaspekte: Durch das Verbot sollen die Sicherheit und das Wohlbefinden der Mitglieder gewährleistet werden. Alkoholmissbrauch kann zu gefährlichem Verhalten und gesundheitlichen Problemen führen.
Verantwortungsbewusstsein: Das Verbot fördert eine Kultur der Verantwortung und des Bewusstseins für die Risiken des Alkoholkonsums.
Argumente gegen das Verbot
Verlagerung der Risiken: Wie bereits erwähnt, führt das Verbot dazu, dass Sorority-Mitglieder auf Partys in Fraternity-Häusern angewiesen sind, wo sie weniger Kontrolle über die Umgebung haben. Dies kann das Risiko für sexuelle Übergriffe erhöhen.
Realitätsferne: Kritiker argumentieren, dass das Verbot die Realität des studentischen Lebens nicht widerspiegelt, wo Alkohol oft eine Rolle spielt. Ein kontrollierter Alkoholkonsum in Sorority-Häusern könnte sicherer sein als der unkontrollierte Konsum auf Fraternity-Partys.
Gleichberechtigung: Das Verbot könnte als ungleich betrachtet werden, da Fraternities in vielen Fällen Partys mit Alkohol veranstalten dürfen. Dies schafft eine ungleiche Macht- und Kontrollverteilung zwischen den Geschlechtern.
Das Alkoholverbot in Sorority-Häusern trägt zur Verlagerung von sozialen Aktivitäten in weniger kontrollierte Umgebungen bei, was das Risiko für sexuelle Übergriffe erhöht. Es ist wichtig, dass Universitäten und Greek-Life-Organisationen Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und zur Prävention von sexuellen Übergriffen ergreifen, darunter auch die Überprüfung und Anpassung von Alkoholrichtlinien und die Schaffung sicherer sozialer Räume für alle Studenten.