Als Erotikautorinnen und -autoren ist es wichtig zu verstehen, wie wirksam es ist, durch unser Schreiben so zu kommunizieren, dass selbst alltägliche Dinge so wirken, als sähen wir sie zum ersten Mal. Deshalb spielt Viktor Shklovskys Konzept der Verfremdung von Objekten und Erfahrungen in der Literatur und Kunst eine wichtige Rolle, denn es hilft, alltäglichen Dingen neues Leben einzuhauchen. In diesem Blogbeitrag werden wir das Konzept der Verfremdung näher beleuchten und untersuchen, welche Lehren wir aus ihm ziehen können, um unser Schreiben für das moderne Publikum fesselnder zu gestalten.
Viktor Shklovsky war ein Literaturwissenschaftler und Schriftsteller, der ein führender Vertreter des Formalismus in der russischen Literaturkritik war. Er vertrat die Ansicht, dass die Literatur die Aufgabe hat, Gewohnheit und Routine zu durchbrechen, um das Alltägliche in einem neuen Licht zu zeigen. Dies könne erreicht werden, indem man die Wahrnehmung der Leserinnen und Leser störe, indem man die gewohnte Art und Weise, wie Dinge beschrieben werden, verändere.
Shklovsky nannte diesen Prozess “ostranenie” oder “Verfremdung”. Die Idee war, dass die Darstellung von Dingen oder Ereignissen auf ungewöhnliche und neuartige Weise die Aufmerksamkeit der Leserinnen und Leser weckt und sie dazu bringt, die Welt bewusster und intensiver wahrzunehmen. Dies wiederum würde dazu führen, dass sie sich intensiver mit dem Text auseinandersetzen und eine tiefere Verbindung zu seiner Bedeutung herstellen.
Shklovsky und andere Formalisten argumentierten, dass die konventionelle, alltägliche Art, Dinge zu beschreiben, dazu führt, dass sie in den Hintergrund treten, da sie aus Gewohnheit übersehen werden. Indem man die Dinge so beschreibt, als würde man sie zum ersten Mal sehen, kann man die Leser dazu ermutigen, die Welt in einem neuen Licht zu sehen und die Details und Nuancen zu bemerken, die ihnen vorher entgangen sind.
Die Dinge so zu beschreiben, als sähe man sie zum ersten Mal, ist im Kontext der erotischen Literatur eine fast romantische Herausforderung. Es geht darum, das Wunder des Körpers des anderen wiederzuentdecken, die Erregung über die Einzigartigkeit seiner Existenz zu zelebrieren. Einige Techniken können dir helfen, deine Texte interessanter, aufregender und kreativer zu gestalten. Sie können dazu beitragen, konventionelle Darstellungen von Erotik zu durchbrechen und deine Leser/innen dazu bringen, Sinnlichkeit und Sexualität auf eine neue und unerwartete Weise zu erleben. Hier sind einige Ansätze, wie du diese Idee in erotischen Texten nutzen kannst:
Betonung der Sinne: Shklovskys Konzept der Verfremdung ermutigt dazu, die Sinne bewusster und intensiver wahrzunehmen. Autoren erotischer Texte können dies umsetzen, indem sie die Sinneswahrnehmungen, wie Berührung, Geschmack, Geruch, Klang und Sehen, in ihren Beschreibungen betonen. Die Verwendung von metaphorischer Sprache und poetischen Bildern kann dazu beitragen, die Sinne der Leserinnen und Leser zu stimulieren und das Empfinden zu revitalisieren.
Verwendung von Metaphern und Symbolen: Wie Shklovsky betonte, können ungewöhnliche Metaphern und Symbole die Art und Weise verändern, wie Menschen Dinge wahrnehmen. Autoren erotischer Texte können metaphorische Sprache verwenden, um Erotik auf eine originelle und kreative Weise darzustellen. Dies kann dazu beitragen, erotische Erfahrungen auf neue und aufregende Weisen zu beschreiben.
Verfremdung von Konventionen: Die Konventionen in der erotischen Literatur neigen dazu, stereotype Beschreibungen und Klischees zu verwenden. Autoren können diese Konventionen durchbrechen, indem sie Dinge so beschreiben, als sähen sie sie zum ersten Mal. Dies kann bedeuten, dass sie die Konventionen der Erotikliteratur infrage stellen und neue Wege finden, um Sinnlichkeit und Sexualität auszudrücken.
Experimentieren mit Erzählstimmen und Perspektiven: Wie Shklovsky vorschlug, können Autoren durch Experimente mit verschiedenen Erzählstimmen und Perspektiven eine gewisse Verfremdung in ihre erotischen Texte einbringen. Dies kann dazu beitragen, die Lesenden dazu zu bringen, Erotik aus unerwarteten Blickwinkeln zu betrachten.
Intellektuelle Reflexion: Shklovsky betonte auch die Rolle der intellektuellen Reflexion bei der Verfremdung. Autoren erotischer Texte können dazu beitragen, das Empfinden der Lesenden zu revitalisieren, indem sie tiefgründige Gedanken und philosophische Aspekte der Erotik in ihre Werke integrieren.
Insgesamt können die Prinzipien der Verfremdung und der Revitalisierung des Empfindens dazu beitragen, erotische Texte lebendiger, kreativer und bewusster zu gestalten. Sie ermöglichen es Autoren, die sinnlichen und emotionalen Aspekte der Erotik auf eine tiefere und ansprechendere Weise zu erkunden.