Jamie McGuire: Beautiful Burn – Rezension

Jamie McGuite ist ein typischer New-Adult-Shootingstar. Im Mai 2011 veröffentlichte sie im Selbstverlag den Roman, „Beautiful Disaster“. Schnell galt das Buch als New-Adult-Sensation, wurde ein Jahr später von Atria Books ins Programm übernommen und fand schließlich seinen Weg auf die Bestseller-Liste der New York Times. Da blieb das Buch 17 Wochen lang. Warner Brothers sicherte sich die Filmrechte. Inzwischen ist es in über eine Millionen Mal verkauft und in mehr als 50 Sprachen übersetzt.

Erfolgsgarant: die Maddox-Brüder

McGuire spielt mit dem Klischee vom harten Kerl mit dem weichen Kern. Travis, der Held von „Beautiful Disaster“, ist am ganzen Körper tätowiert, arrogant, unverschämt, aber als echter Alpha-Typ eben auch absolut durchtrainiert und ungeheuer sexy. Sein Geld verdient er sich mit Prügeleien auf dem Campus. Kämpfen mit hohen Wetteinsätzen.

Er hat vier Brüder, die alle ähnlich ticken: Trenton, Thomas, Taylor und Tyler. „Wenn sich ein Maddox-Bruder verliebt, dann liebt er für immer. Und er kämpft – auch wenn alles andere daran zu zerbrechen droht“, heißt es im Klappentext von „Beautiful Oblivion“, dem vierten Band der Reihe um die Maddox-Brüder. Dieser Spruch gilt im Grunde für die ganze Reihe – und er macht ihren Charme aus.

So ist Tyler, der Held aus „Beautiful Burn“ nicht nur der zum Verwechseln ähnlich aussehende Zwillingsbruder von Taylor, sondern gleicht von seiner Beschreibung her auch Travis, dem männlichen Protagonisten der ersten drei Bände: voller Tattoos, kastanienbraune Augen, klar definierte Muskulatur. Aber eben auch fürsorglich, verständnisvoll und treu.

Band 7 der Reihe: Beautiful Burn

Im März 2017 ist dieser  Band 7 der Reihe auf Deutsch erschienen. Tyler bekämpft  als Hotshot-Feuerwehrmann in den Rocky Mountains Waldbrände. Wir lernen ihn auf einer Party kennen, bei der er in guter Maddox-Tradition in einen Kampf verstrickt ist. Wie schon im ersten Teil der Reihe bei Travis geht es auch hier um viel Geld, das auf den Kampf gesetzt wird. Dass dabei ein Daunensofa, der maßgefertigte italienische Wollteppich und sogar ein 50.000 Dollar teures Originalgemälde des Pop-Art-Künstlers Peter Max zu Bruch gehen, scheint ihn nicht sonderlich zu irritieren. Lediglich das Auftauchen der Gastgeberin Ellison bringt ihn dazu, die Prügelei ins Freie zu verlegen.

Natürlich steigt er mit der jungen Frau in die Kiste und verliebt sich schließlich in sie. Natürlich gibt es Komplikationen. Denn, so fragt das Buchbanner des amerikanischen Originals: „Wie kannst du jemanden lieben, wenn du dich selbst nicht liebst?“ Gemeint ist Ellie, die wegen ihres laxen Umgangs mit mit Alkohol und Drogen ein gewisses Problem damit hat, sich selbst anzunehmen. Und die deswegen auch keinen Jungen wirklich an sich heranlässt.

Die Protagonistin Ellison Edson

Ellison ist die jüngere Tochter von Philip Edson, der ein großes Technologie-Imperium leitet und sich um Geld dementsprechend wenig Sorgen machen muss. Immerhin steht er auf der Liste der Fortune 500. So ist auch Ellison, die von den meisten einfach Ellie genannt wird, ein verwöhntes Party-Girl, das seine Zeit mit Reisen und Nichtstun zubringt. Sie ist Anfang zwanzig und hat sich in ihrem Leben noch nie um einen Beruf bemüht. Den Ferrari, den ihr Vater ihr zum 16. Geburtstag schenkte, fuhr sie schon nach wenigen Tagen zu klump, absichtlich, um sich  zu rächen, weil er ihren Geburtstag vergessen hatte.

Estes Park – der Eingang zu den Rocky Mountains

Das elterliche Ferienhaus, das bei der Fete verwüstet wird, steht in Estes Park im Bundesstaat Colorado. Ein Ort, der vom Tourismus lebt, mit 2.293 Meter über dem Meeresspiegel ein Skiparadies im Winter, bewohnt von knapp 6.000 Einheimischen. Hier befindet sich der Hauptzugang zum Rocky Mountain National Park. Dementsprechend groß ist das Angebot an Cafés und Bars für die Gäste. In Letzteren verbringt Ellie einen Großteil ihrer Zeit. In einigen hat sie bereits Hausverbot.

Fish out of water

Die Geschichte nimmt an Fahrt auf, als Ellies Eltern früher als geplant von einer Reise zurückkommen. Sie haben von der desaströsen Party erfahren und sich sofort auf den Weg gemacht. Unterstützt von der eigens engagierten Lebensberaterin Sally wollen sie die Tochter in ihre Grenzen weisen. Ellies Kreditkarten werden gesperrt und der Zugang zu den Häusern der Familie und die Verfügung über das Personal stark eingeschränkt. 90 Tage darf sie maximal noch im Ferienhaus bleiben. Bis dahin muss sie sich einen Job gesucht und eine eigene Wohnung bezogen haben.

Plotholes und andere Probleme

An dieser Stelle jedoch beginnt die Story, in eine romantische Parallelwelt abzudriften. In Jamie McGuires „Beautiful Burn“ hat Ellie keine Probleme, in kürzester Zeit einen Job bei der örtlichen Zeitung an Land zu ziehen. Und nicht nur das: Innerhalb von sechs Wochen wird sie zur Fotojournalistin befördert und darf für vierzehn Tage die regionalen Feuerwehrleute der „Alpine Hotshot Crew“ auf einen Einsatz begleiten, um Material für einen längeren Artikel zu sammeln. Ganz offensichtlich hat die Autorin an der sozialen Realität in Amerika genauso wenig Interesse wie an der Situation in den Redaktionen der Printmedien. Das mögliche Konfliktpotential, dass sich aus der Konstellation ergibt, wird komplett verschenkt.

Auch der „Fish out of water“-Situation kann oder will Jamie McGuire nichts abgewinnen. Wie geht eine junge Frau, die im ganzen Leben nie Verantwortung übernommen hat, damit um, sämtlicher Ressourcen beraubt zu sein? Wie stellt sie ihre Gewohnheiten um und welche Konflikte bringt das mit sich? Wie gelingt es ihr, ihren Alltag zu organisieren? Kein Wort darüber. Ellie sucht sich eine billige Bleibe und macht Karriere. So einfach ist das.

Der Punkt ihrer Drogensucht wird genauso wenig thematisiert. Ellie hat kein Geld mehr, um sich mit Alkohol und Drogen zu versorgen? Dann nimmt sie eben erst einmal keine mehr, bis sie wieder neues Geld hat. Vierzehn Tage ohne, gleich zu Beginn ihres neuen Lebens, stellen keine wirkliche Herausforderung dar. Spätestens hier hatte ich das Gefühl, dass Jamie McGuire ihre Protagonistin nicht ernst nimmt. Ganz anders etwa als ihre Kollegin Colleen Hoover, die ihre Protagonistinnen zwar auch regelmäßig die tiefsten Tiefen durchleiden lässt, dabei aber immer um realistische Lösungen bemüht ist.

Die „Alpine Hotshot Crew“

In Amerika gibt es ca. 120 Teams von speziell ausgebildeten Feuerwehrleuten, die in die verschiedenen Krisengebiete geflogen werden und sich dort um die Brandbekämpfung bei Wildfeuern bemühen. Die Ausbildung dieser Interagency Hotshot Crews (IHC) ist extrem hart, die Jungs, die daran teilnehmen, sind dementsprechend tough. Ellie begleitet eine solche Truppe zunächst für zwei Wochen, erhält dann jedoch die Erlaubnis, aus ihren Recherchen eine Serie zu machen und den Sommer mit der Hotshot Crew zu verbringen, zu der Tyler Maddox und sein Bruder Taylor gehören.

Auch an dieser Stelle glänzt der Roman nicht gerade vor Realismus. Ellie hat ihre erste eigene Kamera erst ein paar Wochen zuvor erhalten und muss sich zunächst von der Tochter des Zeitungschefs zeigen lassen, wie sie mit den verschiedenen Funktionen umgehen soll. Und während die echten Fotoreporter, die die Crews gelegentlich begleiten, wie der National Geographic Fotograf Mark Thiessen, zumeist auch eine Lizenz als Wildland Firefighter haben, wird Ellie zu ihrem Schutz lediglich Tyler an die Seite gestellt.

Romanze mit Stolpersteinen

All dies scheint die echten Fans von Jamie McGuire wenig zu stören. Das legt den Verdacht nahe, dass die Maddox-Romane weniger als kritisch-realistische Porträts von jungen Erwachsenen gemeint sind, die sich ihren Weg in die Welt der Selbstständigkeit suchen, sondern als eskapistische Romanzen, in deren Mittelpunkt die Liebesbeziehung zwischen einem Alpha-Männchen und verschiedenen Typen von Frauen steht.

Allerdings ist in „Beautiful Burn“ auch dieser Spannungsbogen nicht sauber herausgearbeitet. Ellie ist hin- und hergerissen zwischen ihrem Wunsch nach Nähe zu Tyler und ihrem Gefühl, dass die beiden sich nicht guttun würden. Ihre Beziehung laviert zwischen reinem Sex, Freundschaft, Freundschaft mit Nebenleistungen. Ellie geht zwei Schritte vor, dann wieder zurück, und eigentlich ist nie klar, wo sie steht und warum sie es tut. Das macht es schwer, mit ihr, aus deren Sicht der Roman erzählt wird, mitzufühlen und mitzufiebern. Die Story lebt von Tyler und seiner bedingungslosen Liebe, die alle Höhen und Tiefen geduldig trägt. Ein Mann zum Träumen eben.

Die Sache mit dem Sex

Um die Sex-Szenen zu analysieren, hätte ich gern einen Blick ins amerikanische Original geworfen. Vanessa Lamatsch, die Übersetzerin der Bücher von J. Lynn, hat dem Piper-Verlag, in dem auch Jamie McGuires „Beautiful Burn“ erschienen ist, einmal ein längeres Interview gegeben, in dem es um den Unterschied zwischen englischsprachiger und deutscher Erotik ging. Deutsche Übersetzungen sind deutlich zurückhaltender, so die Quintessenz, sowohl was anatomische Beschreibungen angeht, als auch das konkrete Verhalten im Bett.

Auffallend wird das zum Beispiel bei einer Fellatio-Szene zwischen Ellie und Tyler, in der das Wort „Schwanz“ oder „Penis“ nicht ein einziges Mal vorkommt. Erst nach drei Absätzen erwähnt Ellie, dass sie mit der Hand „die Wurzel seiner Männlichkeit“ umschloss. Und ich habe den Verdacht, dass Jamie McGuire vielleicht nicht ganz so prüde ist, wie der Piper-Verlag sie erscheinen lässt.

Insgesamt gibt es zwar in dem Roman etliche Sexszenen, die auf mich jedoch weitgehend leidenschaftslos dargestellt werden. Was schmecken die Protagonisten, was riechen, was fühlen sie? Statt mit allen Sinnen in die Szene einzusteigen, bleibt McGuire weitestgehend bei einer visuellen Außendarstellung à la „dann geschah das, dann machte er das …“ Prickeln ist anders.

Der perfekte Stoff für Träume

Trotz allem lässt sich „Beautiful Burn“ schnell weglesen. Das mag daran liegen, dass der Roman zu gefühlten 80% aus Dialogen besteht. Konflikte sind ohnehin genug da, auch wenn Jamie McGuire an vielen Stellen darauf verzichtet, sie realistisch auszuarbeiten. Dafür macht sie gelegentlich Nebenschauplätze auf, etwa wenn plötzlich ein FBI-Agent auftaucht, der die illegalen Uni-Kämpfe untersucht. Oder wenn sie Fäden aus den früheren Romanen der Reihe um die Maddox-Brüder aufnimmt und mit neuen Problemen anreichert.

Und überhaupt: Was die Reihe zusammenhält und zum perfekten Stoff für Träume macht, ist die unglaubliche Loyalität der fünf Maddox-Brüder zu ihren Freundinnen. Auch Ellie kann sich sicher sein, dass Tyler durch alle Höhen und Tiefen zu ihr hält, egal, ob sie ihn gerade von sich wegstößt oder seine Nähe sucht. Das ist vielleicht nicht unbedingt realistisch, macht ihn aber ziemlich unwiderstehlich. Zumindest mir ging es so, dass ich für die Szenen mit Tyler auch die etwas verschrobene Ellie gern in Kauf genommen habe.

Titel Beautiful Burn : Roman / Jamie McGuire ; aus dem Englischen von Henriette Zeltner
Person(en) McGuire, Jamie (Verfasser)
Zeltner, Henriette (Übersetzer)
Werk(e) Beautiful burn
Ausgabe Deutsche Erstausgabe
Verlag München ; Berlin ; Zürich : Piper
Zeitliche Einordnung Erscheinungsdatum: 01. März 2017
Umfang/Format 478 Seiten; 19 cm
Andere Ausgabe(n) Erscheint auch als eBook: ISBN: 9783492974790
ISBN/Einband/Preis 978-3-492-31011-6 Broschur : EUR 10.30 (AT), sfr 13.90 (freier Preis), EUR 9.99 (DE)
3-492-31011-7
EAN 9783492310116
Sprache(n) Deutsch (ger), Originalsprache(n): Englisch (eng)
Beziehungen Piper ; 31011
Leseprobe bic-media.com

Herzlichen Dank an den Piper-Verlag, der mir freundlicherweise ein Rezensionsexemplar von Jamie McGuires “Beautiful Burn” zur Verfügung gestellt hat.

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