Was die Augen verraten

Die Blickrichtung

Creative writing: Was die Augen verratenMeine Freundin Karin arbeitet als NLP-Trainerin. Sie erzählte mir, sie könne an der Blickrichtung ihrer Klienten erkennen, woran diese gerade denken. Schaue ihr Klient z.B. nacht rechts oben (vom Gegenüber aus gesehen), ist die Chance relativ hoch, dass er gerade sein visuelles Gedächtnis bemühe – sich also an Bilder aus der Vergangenheit erinnert.

Interessant dabei ist, dass der Blick nach links oben (aus Sicht der Betrachter) für das Konstruieren von Bildern steht. Das kann bedeuten, dass der Klient gerade versucht, seine Gedächtnis aufzufrischen, indem er Erinnerungsfetzen zu einem Ganzen zusammenpuzzelt. Es kann aber eben auch bedeuten, dass er gerade dabei ist, sich eine neue Wirklichkeit zusammenzureimen. Mit anderen Worten: Er denkt sich eine Geschichte aus. Noch simpler formuliert: Die Chance steht nicht schlecht, dass er lügt. Anders herum besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass jemand, der gerade lügt, seinen Blick unbeabsichtigt nach links oben gleiten lässt.

Ein Blick nach links unten lässt übrigens darauf schließen, dass mein Gegenüber mit seinen Emotionen beschäftigt ist.

Emotionen und die Pupille

Noch etwas anderes verrät der Blick in die Augen. Mehrere Untersuchungen haben ergeben, die Größe der Pupille ist ein klares Indiz dafür, ob eine Person sich wohl fühlt oder gedanklich auf Abstand geht.

Bereits in den 60er Jahren hat der ursprünglich aus Deutschland stammende Psychologe Eckhard Hess bewiesen, dass die Pupille sich bei angenehmen Reizen erweitert, während sie sich bei unangenehmen Reizen zusammenzieht. Wir können also an der Größe der Pupillen unseres Gegenübers erkennen, ob ihr die Begegnung gerade angenehm ist oder nicht.

So gab es eine Testreihe, in der Frauen unter anderem die Bilder von schönen Männern gezeigt wurden – und Männern die Bilder von schönen Frauen. In beiden Fällen erweiterten sich die Pupillen. Während sich die Pupillen der Männer z.B. zusammenzogen, wurden ihnen die Bilder halbnackter Geschlechtsgenossen gezeigt.

Eckhard Hess hatte damals auch behauptet, auf diese Art ließe sich erkennen, ob das Gegenüber Lust auf Sex hätte. Diese These ist jedoch bis heute umstritten. Denn nicht mit jedem, den wir attraktiv finden, wollen wir auch schlafen. Da kommen dann doch noch andere Faktoren, die über die Augen nicht zu erkennen sind.

Augen im Creativ Writing

Und was machen wir jetzt mit diesem Wissen? Das Wissen um die Blickrichtung spielt inzwischen häufiger in Krimis eine Rolle. Profiler kennen die NLP-Lehre natürlich auch und können bei Verhören relativ schnell sehen, ob sich ein Verdächtiger gerade an etwas erinnert oder dabei ist, eine Geschichte zu erfinden. Wer also gerade dabei ist, einen Erotic-Thriller zu schreiben, hat hier eine Möglichkeit an der Hand. Wie gesagt, immer mit der nötigen Vorsicht.

Daneben kann der Autor/die Autorin sich auch einfach darauf verlegen, die Blickrichtung oder die Erweiterung der Pupillen lediglich zu beschreiben, ohne dass andere Protagonisten mit diesem Wissen etwas anfangen können. Die Idee ist, Lesern – zumindest solchen, die sich ein wenig mit Psychologie auskennen – einen Wissensvorsprung zu geben.

 

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